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Pressemitteilung | Dienstag, 29. September 2015

Akademien und DFG fordern verantwortlichen Umgang mit den neuen Methoden des genome editing

Gemeinsame Pressemitteilung der Nationalen Akademie der Wissenschaften Leopoldina, acatech ─ Deutsche Akademie der Technikwissenschaften, der Union der deutschen Akademien der Wissenschaften und der Deutschen Forschungsgemeinschaft DFG

Effizientere Bakterien und Hefen zur Produktion von Treibstoff und Medikamenten, neue Strategien gegen antibiotikaresistente Keime und innovative Methoden der Pflanzenzüchtung: Neue molekularbiologische Methoden, die gezielte Eingriffe in das Erbgut erlauben, eröffnen vielversprechende Möglichkeiten in Forschung und Anwendung. Gleichzeitig machen die unter dem Begriff genome editing (Veränderung des Genoms) zusammengefassten Methoden einen gesamtgesellschaftlichen Dialog über Chancen und Grenzen ihrer Anwendung notwendig. Darauf weisen die Nationale Akademie der Wissenschaften Leopoldina, acatech ─ Deutsche Akademie der Technikwissenschaften, und die Union der deutschen Akademien der Wissenschaften sowie die Deutsche Forschungsgemeinschaft (DFG) in ihrer Stellungnahme zu „Chancen und Grenzen des genome editing“ hin.

In der Stellungnahme beschreiben die Akademien und die DFG die Funktionsweise und den Entwicklungsstand des genome editing, dessen Anwendungsfelder sowie Vorteile gegenüber herkömmlichen Methoden der Genveränderung. Die neuen Methoden des genome editing machen bereits jetzt in einigen Bereichen effizientere, weitaus gezieltere und besser kontrollierbare Erbgutveränderungen möglich. Auf Basis der neuen Verfahren könnten Medikamente biotechnologisch entwickelt werden, die nur ganz bestimmte Krankheitserreger abtöten, nicht aber nützliche Mikroorganismen im menschlichen Körper, wie dies bei herkömmlichen Antibiotika der Fall ist. Auch Bakterien und Hefen, die Ausgangsprodukte für Medikamente oder Treibstoff produzieren, sollen mittels genome editing zeitsparender optimiert werden. In der Pflanzenzucht können neue Sorten mittels molekularbiologischen Züchtungsmethoden schneller und gezielter erzeugt werden. Durch eine auf dem genome editing basierende Methode, dem sogenannten gene drive, könnten zukünftig sogar genetisch modifizierte, gegen die Erreger von Malaria- bzw. Dengue-Fieber resistente Mückenpopulationen etabliert und damit diese Krankheiten wirkungsvoll eingedämmt werden. Vor derartigen Eingriffen in Ökosysteme ist allerdings eine sorgfältige Sicherheitsüberprüfung zu deren Effekten unabdingbar.

Die Akademien und die DFG machen darauf aufmerksam, dass die Anwendung von genome editing in vielen Bereichen ethisch und rechtlich unbedenklich ist, weisen aber auch auf Grenzen und Risiken hin. Sie sprechen sich im Hinblick auf sämtliche Formen der Keimbahnintervention beim Menschen, bei der Veränderungen des Genoms an Nachkommen weitergeben werden können, für ein internationales Moratorium aus. In Deutschland ist die entsprechende Forschung in hohem Maße gesetzlich reglementiert. Das selbst auferlegte und einstweilige Moratorium soll dazu dienen, auch international einen verbindlichen Rahmen für ethisch und rechtlich verantwortungsvolle Forschung zu diskutieren und zu etablieren. Im Dialog über medizinische Anwendungen des genome editing muss klar zwischen nicht vererbbaren Veränderungen in Körperzellen und vererbbaren Veränderungen von Keimbahnzellen unterschieden werden. Die Diskussion über Veränderungen am menschlichen Erbgut ist aber nur ein Aspekt des sich neu eröffnenden Forschungsgebietes. Ein Moratorium sollte nicht dazu beitragen, die methodische Fortentwicklung und damit aussichtsreiche neue Einsatzmöglichkeiten des genome editing für Forschung und Anwendung unverhältnismäßig einzuschränken. Deutschland sollte sich an der dafür notwendigen Grundlagenforschung in ihrer gesamten Breite beteiligen sowie die sichere und verantwortungsbewusste Anwendung des genome editing mitgestalten.

Die Stellungnahme „Chancen und Grenzen des genome editing“ will einen sachlichen gesamtgesellschaftlichen Dialog über die wissenschaftlichen, ethischen und rechtlichen Möglichkeiten, Grenzen und Konsequenzen des genome editing anstoßen. Die DFG und die Akademien betonen, dass Aufklärung und Transparenz seitens der Forschung entscheidend sind, damit der Dialog zu evidenzbasierten Entscheidungen führen kann.

Chancen und Grenzen des genome editing, Gemeinsame Stellungnahme der Deutschen Forschungsgemeinschaft, der Nationalen Akademie der Wissenschaften Leopoldina, der acatech – Deutsche Akademie der Wissenschaften und der Union der deutschen Akademien der Wissenschaften, 30 Seiten, ISBN: 978-3-8047-3493-7

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