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Akademiegeschichte

Streben nach Eigenständigkeit

Otto Schlüter (XXI., 1952-1953) gelingt es, die Unabhängigkeit der Leopoldina als übernationale Wissenschaftlergemeinschaft zu bewahren. Er kann die drohende Eingliederung in andere Einrichtungen verhindern, zum Beispiel in den 1945 gegründeten Kulturbund zur demokratischen Erneuerung Deutschlands oder in die Deutsche Akademie der Wissenschaften zu Berlin. Aus Anlass des 300-jährigen Bestehens der Leopoldina 1952 erkennt die DDR-Regierung ihre Eigenständigkeit schließlich an und unterstützt die Feierlichkeiten. Die Akademie erhält eine Finanzierung und kann ihre Arbeit fortsetzen.

1954 übernimmt der Hallenser Pflanzenbiochemiker und Pharmazeut Kurt Mothes (XXII., 1954-1974) das Präsidentenamt. 1955 führt die Akademie Jahresversammlungen zu interdisziplinär interessanten Fragestellungen ein, die alle Sektionen und Mitglieder der Akademie beteiligen. Sie sollen abwechselnd in Halle und Schweinfurt stattfinden. Doch nur ein einziges Mal, im Jahr 1957, kommen die Mitglieder tatsächlich in Schweinfurt zusammen. Nach dem Mauerbau 1961 liegt der Gründungsort der Akademie hinter dem „Eisernen Vorhang“ und wird angesichts der Reisebeschränkungen für ostdeutsche Wissenschaftler unerreichbar.

Dennoch bieten die Leopoldina-Veranstaltungen den DDR-Wissenschaftlern Gelegenheiten, den Kontakt zur internationalen Spitzenforschung zu wahren. Präsident Mothes nutzt das Podium der Jahresversammlungen, um universitäre und forschungspolitische Entwicklungen in Ost und West kritisch zu analysieren. In politisch brisanten Situationen im Umgang mit der Partei- und Staatsführung in der DDR droht Mothes mit der Verlagerung des Akademiesitzes in den Westteil Deutschlands.
 
Heinz Bethge (XXIII., 1974-1990) setzt den unabhängigen Kurs seines Vorgängers bis zum Ende der DDR fort. Auch er nutzt die Möglichkeiten eines Leopoldina-Präsidenten, um Freiräume auszuloten. Damit wird die Leopoldina nach der deutschen Wiedervereinigung 1990 als kompetenter Partner für die Neuformierung des ostdeutschen Wissenschaftssystems in einer gesamtdeutschen Lehr- und Forschungslandschaft anerkannt. Die Akademie behält ihre Eigenständigkeit und Unabhängigkeit und erhält im Jahr 1991 die Rechtsform eines eingetragenen Vereins.