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Nova Acta Leopoldina Band 110 Nummer 377

Nova Acta Leopoldina NF 110, Nr. 377, 99–117 (2011) Joachim Sauer 102 3 Der Computer IBM790 kann in einer Sekunde 4000 Multiplikationen oder Divisionen durchführen. Die FORT- RAN-Sprache ermöglicht es, die entsprechenden algebraischen Gleichungen fast unverändert als Computerpro- gramm zu nutzen. länge r0 oder des Bindungswinkels führt zu einem quadratischen Anstieg der Energie, analog zum Hookeschen Gesetz der Mechanik für Federn: Eb = kb(rb–r0)2 [1] Die Kraftkonstante kb ist ein Parameter für jeden Bindungstyp und entspricht der Federkon- stante. Die Energie des Moleküls ergibt sich in diesen „Kraftfeldern“ als Summe solcher Terme für alle Bindungslängen und Bindungswinkel. Für Torsionen um eine zentrale Bindung ver- wendet man eine periodische Funktion, die Minima aufweist, wenn die Endatome auf Lücke stehen, und Maxima, wenn die Endatome überlappen. In der „Molekülmechanik“ werden nun die x, y, z-Koordinaten aller Atome so angepasst, dass die Gesamtenergie (Summe aller Terme) möglichst niedrig ist. Innere Koordinaten mit kleinen Kraftkonstanten, „weiche Freiheitsgrade“, verändern sich dabei stärker als solche mit großen Kraftkonstanten, „harte“ Freiheitsgrade. Kopplungsterme in den Kraftfeldern sorgen z. B. dafür, dass nicht alle von einem Atom ausgehenden Bindungen zugleich länger oder kür- zer werden, ohne dass die Energie ansteigt. Mathematisch gesehen ist diese Strukturoptimie- rung eine Extremwertaufgabe, die Bestimmung des Minimums einer Funktion (Energie) mehrerer Variabler (Koordinaten). Für ein zweiatomiges Molekül, dessen Struktur mit nur einer Bindungslänge vollständig beschrieben wird, kann das jeder durchführen. Für ein Cy- cloheptanmolekül mit 21 Atomen führt diese Extremwertaufgabe auf ein System mit 21 × 3– 6 = 57 Gleichungen. HENDRICKSON (1961) hat mehrere Lösungen des Gleichungssystems gefunden, die den unterschiedlichen Isomeren entsprechen, darunter die Sessel- und Wannen- form, die wir vom Cyclohexan gut kennen. Das war erst möglich, als Computer zur Verfügung standen: „The IBM709 computer [...] is capable of [...] 4000 multiplications or divisions [...] per second. The FORTRAN adaption makes possible the submission to the computer of pro- grams set out virtually in plain algebraic language.“3 Heute sind Computer ungleich leistungs- fähiger, statt der 4 Kilo-FLOPS (floating point operations per second) sprechen wir heute von 40 Giga-FLOPS. Die Programmiersprache FORTRAN wird noch immer benutzt, hat aber ebenfalls eine eindrucksvolle Entwicklung erfahren. 3.   Energiehyperfläche Die vollständige Beschreibung einer Molekülstruktur erfordert die Kenntnis der x, y, z-Koor- dinaten eines jeden Atoms. Für ein Molekül, das aus M Atomen besteht, sind das 3M zahlen. Da die Verschiebung des gesamten Moleküls entlang der drei Raumrichtungen oder dessen Drehung um eine der drei Trägheitsachsen nichts an der Anordnung der Atome relativ zu ein- ander ändert, sind nur 3M–6 zahlen („Freiheitsgrade“) zur eindeutigen Strukturbeschreibung erforderlich. Dafür kann man innere Koordinaten, also Bindungslängen, Bindungswinkel und Torsionswinkel benutzen. Die Struktur des Wassermoleküls ist eindeutig durch die beiden OH-Bindungslängen rOH und den HOH-Bindungswinkel QHOH gegeben, und seine Energie E ist eine Funktion dieser Variablen: E = f(rOH1, rOH2, QHOH) [2]