Please activate JavaScript!
Please install Adobe Flash Player, click here for download

Nova Acta Leopoldina Band 110 Nummer 377

fläche das GIGO-Prinzip, „garbage in – garbage out“. Die Strukturen und die relativen Ener- gien, die wir voraussagen, können nur so gut sein, wie die Methode, die wir zur Berechnung der Energiehyperfläche benutzen. Die Aufgabe lautet, für ein chemisches System mit einer Vielzahl von Atomen die Energien zahlreicher isomerer Minimum- und übergangsstrukturen mit „chemischer Genauigkeit“ (1 kcal/mol oder 5 kJ/mol), ohne zu großen Computeraufwand zu berechnen. Wir fragen also nach einem Modell zur quantitativen Beschreibung der che- mischen Bindung. Eines, welches mit begrenztem Aufwand auf sehr große Systeme ange- wendet werden kann, haben wir schon kennen gelernt, die sogenannten Kraftfelder, die in der Molekülmechanik benutzt werden. Deren Genauigkeit hängt von den Kraftkonstanten ab, die meist durch Vergleich mit experimentellen Strukturen und Energien parametrisiert werden. Kraftfelder (empirische Potentiale) sind ideal für biomolekulare Systeme mit weni- gen Atomtypen in wohldefinierten Valenzzuständen und Simulationen in einem engem (Um- gebungs-) Druck und Temperaturbereich. Problematisch für Kraftfelder ist das Knüpfen und Brechen chemischer Bindungen und die änderung von Koordinationszahlen. Die eigentliche Theorie der chemischen Bindung, die ohne Parameteranpassung aus- kommt, ist die Quantenmechanik. Diese beschreibt ein chemisches System (Molekül) durch den Hamiltonoperator: [4] Um ihn aufzuschreiben, brauchen wir nur die Summenformel des Moleküls zu kennen, die die Anzahl der Atome jedes im Molekül vorkommenden Elements angibt (C4H4 für das obige Beispiel). Dann kennen wir nämlich zahl und Art der Atomkerne sowie die Gesamtzahl der Elektronen. Der (elektronische) Hamiltonoperator enthält als potentielle Energie die Wech- selwirkung zwischen den Elektronen und zwischen Elektronen und Kernen nach dem Cou- lombschen Gesetz, und als kinetische Energie jedes Elektrons einen Ausdruck, bei dem in der bekannten Formel p2 /2m (m – Elektronenmasse) der Impuls p durch den Impulsoperator ersetzt wurde. Um den Hamiltonoperator für einen Punkt Ri der Energiehyperfläche zu erhalten, muss man lediglich die konkreten Werte für die Koordinaten und die Kernladungszahlen der Atome in den Coulomb-Term für die Wechselwirkungen zwischen den geladenen Teilchen einsetzen. Nur die Elektronenkoordinaten bleiben als Variable übrig, und die Bestimmung der Energie erfolgt durch Lösung der Schrödingergleichung [5] Es ist einfach, den Hamiltonoperator für ein Molekül mit einer Vielzahl von Atomen und Elek- tronen aufzuschreiben, aber die Schrödingergleichung ist so kompliziert, dass sie ohne gra- vierende Näherungen nicht lösbar ist. Der vielzitierte Satz von DIRAC (1929; „The general theory of quantum mechanics is now almost complete [...] The underlying physical laws nec- essary for the mathematical theory of [...] the whole of chemistry are thus completely known, and the difficulty is only that the exact application of these laws leads to equations that are much too complicated to be soluble.“)5 ist auch heute noch gültig. Quantenmechanische Modellierung – Einblicke in die atomaren Details chemischer Systeme Nova Acta Leopoldina NF 110, Nr. 377, 99–117 (2011) 105 = > = + + + 2 2 2 2 N,MN i j N 1 n 2 2 2 p 1 i jp p p ij q qˆH (r ,...r ) . 2m x y z r =in 1 n 1 n 1 n ˆH (r ,...r ) (r ,...r ) E( ) (r ,...r ).R iR 5 Die allgemeine Theorie der Quantenmechanik ist nun fast vollständig. Die grundlegenden physikalischen Gesetze, die man für die mathematische Theorie der gesamten Chemie braucht, sind damit vollständig bekannt, die Schwie- rigkeit ist nur, dass die Anwendung dieser Gesetze auf Gleichungen führt, die viel zu kompliziert sind, um sie lösen zu können.