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Nova Acta Leopoldina Band 110 Nummer 377

zelluläre Automaten dienen aber nicht nur zur Implementierung exploratorischer Modelle, sondern sind ganz allgemein zur Durchführung von Computersimulationen geeignet. Da sie ihrer diskreten Natur nach dem Rechnen mit Computern sehr entgegenkommen, haben sie vieleAnwendungen in Simulationen von komplexen Systemen gefunden. zelluläre Automaten sind zumeist einfach zu programmieren und auch für die Behandlung von nicht linearen dy- namischen Systemen in Raum und zeit einsetzbar (WEIMAR 1997). Sie werden bisweilen auch verwendet, wenn die entsprechenden mathematischen zusammenhänge in Form von partiellen Differentialgleichungen bekannt sind. Die Lösungen werden dann in der Regel qualitativ rich- tig wiedergegeben (als caveat siehe HUBERMAN und GLANCE 1993). Benötigt man allerdings verlässliche quantitative Aussagen, ist die direkte numerische Integration vorzuziehen, da sie genaue Fehlerabschätzungen erlaubt. Eine wichtige Anwendung der zellulären Automaten ist fehlertolerantes Rechnen, das mit Hilfe probabilistischer Ansätze analysiert werden kann (GáCS 2001). Die diskrete Natur der Beschreibung macht einfache zelluläre Automaten auch für eine rigorose mathematische Analyse ihrer Eigenschaften zugänglich. Die Literatur zu die- sem Gebiet ist recht umfangreich, und es sei nur ein anspruchsvolles Buch zur Illustration der Vielseitigkeit von zellulären Automaten genannt (ILACHINSKI 2001). 5.   Evolutionsforschung am Computer Die gewaltige zuname an Computerleistung in den vergangenen fünfzig Jahren bietet der Er- forschung von Evolutionsvorgängen ungeahnte neue Möglichkeiten. Wir greifen hier drei An- sätze heraus, für die der Computereinsatz zu echten Entdeckungen geführt hat. Im ersten Beispiel wird Konkurrenz direkt durch die Belegung von Speicherplätzen in der Central Pro- cessing Unit (CPU) eines Computers simuliert. Aus dem einfachen Computerspiel Core War8 sind eine Reihe von Simulationsprogrammen für Artificial Life und Digital Evolution hervor- gegangen (O’NEILL 2003, WILKE und ADAMI 2002). Im zweiten Teil stellen wir Entdeckungen mit dem Computer im Bereich der kinetischen Modellierung von Evolutionsvorgängen auf molekularem Niveau dar. Die Computersimulation wurde an Stellen eingesetzt, an welchen man weder durch mathematische Analyse noch durch gezielte Näherungen weitergekommen war (EIGEN und SCHUSTER 1979). Den Abschluss bilden schließlich computergestützte An- wendungen der Spieltheorie, die auf John MAyNARD SMITH zurückgehen und zur Erklärung der Entstehung kooperativen Verhaltens in Gesellschaften verwendet wurden (MAyNARD SMITH 1982, HOFBAUER und SIGMUND 1998, NOWAK 2006). Die Ausbreitung von Verhaltensformen in Raum und zeit wurde mit Hilfe des Computers untersucht. 5.1 Direkte Simulation von Evolutionsvorgängen am Computer zwei Computerprogramme, Creeper und Reaper, gingen der Entwicklung von Core War vor - aus (SHOCH und HUPP 1982): Creeper war einer der ersten Computerwürmer, die durch Com- puternetze krochen, bestimmte Programme infizierten, terminierten und Kopien von sich selbst anlegten. Das Programm Reaper hingegen wanderte durch das Netz auf der Suche nach Kopien Nova Acta Leopoldina NF 110, Nr. 377, 167–211 (2011) Peter Schuster 184 8 Der Begriff Core geht auf das heute völlig veraltete ‚random access‘-Speichersystem ‚Magentic Core Memory‘ zurück. ‚Core‘ lebt auch noch in dem bekannten Begriff ‚Core dump‘ weiter.