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Nova Acta Leopoldina Band 110 Nummer 377

triert unmissverständlich die Rolle von Kontingenz in der Evolution. Die Innovation kommt nicht durch eine unwahrscheinliche Mutation zustande, sondern durch eine Mutation mit üb- licher Wahrscheinlichkeit von einer speziellen Gegend im Sequenzraum, in welche die eine Kolonie zum Unterschied von allen anderen elf gewandert ist. Das Ergebnis passt sehr gut zu den Ergebnissen der Computersimulationen auf Landschaften mit ausgedehnten neutralen Netzwerken. Wegen der großen zahl unabhängiger Richtungen im Sequenzraum führt prak- tisch jede neue Computersimulation in eine andere Richtung, und es ist nahezu auszuschließen, dass zwei oder mehrere Simulationen dieselben zwischenstrukturen durchlaufen. Geschichte ist ein essentielles Merkmal der Biologie, was von Theodosius DOBzHANSKy (DOBzHANSKy et al. 1977) im geflügelten Satz, „Nothing makes sense in biology except in the light of evo- lution“, ausgedrückt wurde. 5.3 Spieltheorie und Kooperation Das Studium von Tiergesellschaften rückte in den Brennpunkt der Interessen der Biologen, als die empirisch gestützte Annahme von Beziehungen zwischen Verhalten und genetischer Prädisposition sinnvolle Modelle für die Evolution von Sozietäten ermöglichte. Ein Meilen- stein der mathematischen Biologie war die Entwicklung eines spieltheoretischen Modells für die Konfliktaustragung durch John MAyNARD SMITH (MAyNARD SMITH und PRICE 1973, MAy- NARD SMITH 1974). Der Grundgedanke für das Modell ist, wie gesagt, das Vorhandensein einer genetischen Komponente für Verhalten, welche eine Präferenz ihrer Träger für das Spielen einer bestimmten Verhaltensstrategie zur Folge hat. Eine erfolgreiche Strategie bewirkt dann eine größere Fitness der Träger im Vergleich zu den Trägern weniger erfolgreicherer Strategien, und sie wird sich mittels des Darwinschen Mechanismus in den zukünftigen Generationen ausbreiten. John MAyNARD SMITH prägte den Begriff der evolutionär stabilen Strategie (ESS), welche eine Verfeinerung des Nash-Gleichgewichts in der ökonomie darstellt (NOWAK 2006): Wenn eine evolutionär stabile Strategie von einer gesamten Population gespielt wird, dann kann sie von keiner anderen Strategie unterwandert und abgelöst werden. Die Basis der spiel- theoretischen Analyse von Auseinandersetzungen in den Gesellschaften bildet die Auszah- lungsmatrix, A = {aij; i,j = 1, 2,…, n}. Ihre Elemente geben an, wie groß Gewinn oder Verlust der beiden Partner nach einem zusammentreffen sein wird, in welchem sie die Strategien Vj beziehungsweise Vi spielten (Abb. 10). Gemischte Strategien werden durch Linearkombinationen beschrieben: und daher . [19] Da die Matrix A nicht symmetrisch zu sein braucht, ist apq ≠ aqp. Die Bedingung für eine evo- lutionär stabile Strategie lässt sich nun ganz einfach formulieren. Die gemischte Strategie Vp ist eine ESS, wenn eine der beiden Bedingungen app > aqp oder app = aqp und apq > aqq für alle Vq [20] erfüllt ist (MAyNARD SMITH 1974). In Worten ausgedrückt: Entweder erhält Strategie Vp gegen Vp gespielt eine höhere Auszahlung als eine beliebige Strategie Vq gegen Vp gespielt oder, wenn es Strategien Vq gibt, die gegen Vp ebenso gut abschneiden wie Vp, dann muss Vp gegen Vq gespielt mehr Auszahlung erhalten als Vq gegen Vq. Nova Acta Leopoldina NF 110, Nr. 377, 167–211 (2011) Peter Schuster 202 !Vp = piVii=1 n " ! Vq = qjVjj=1 n " ! apq = aijqj pij=1 n "i=1 n "