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Nova Acta Leopoldina Band 110 Nummer 377

mit und , [21] worin mit aji, wie oben angegeben, die Auszahlung an den Spieler bedeutet, welcher Strategie Vj spielt, während sein Gegner Strategie Vi gewählt hat. Diese Gleichung ist formal identisch mit der Fisherschen Selektionsgleichung. Ein fundamentaler Unterschied besteht jedoch hin- sichtlich der Eigenschaften der Matrix A: Bei FISHER war die Matrix per definitionem sym- metrisch, und dies hat alle Formen komplexer Dynamik ausgeschlossen. Die Aus- zahlungsmatrix A unterliegt jedoch keiner solchen Beschränkung, und die Lösungskurven der spieldynamischen Gleichung zeigen alle bekannten Phänomene nicht-linearer Differential- gleichungen. Ein anderer wichtiger Gesichtspunkt betrifft stabile Lösungen des spieltheoreti- schen Ansatzes und der Differentialgleichung. Es kann gezeigt werden, dass jede ESS einem asymptotisch stabilen zustand der Differentialgleichung entspricht. Die Umkehr gilt allerdings nicht: Es gibt asymptotisch stabile zustände, welchen keine ESS entspricht (HOFBAUER et al. 1979), und deshalb hat der spieldynamischeAnsatz einen klaren Vorteil bei derAnalyse stabiler Lösungen. Die spieltheoretischen oder spieldynamischen Modelle behandeln im Wesentlichen zwei Fragestellungen: – das Auftreten von Kampfritualen bei Auseinandersetzungen mit Gegnern derselben Art, die darauf abzielen, die Stärken der Konfliktpartner abzuschätzen und schwere Verletzungen zu vermeiden; und – das Auftreten von altruistischem und kooperativem Verhalten in Gesellschaften. Die überlegungen zu Altruismus wurden durch das Prinzip der Verwandtenselektion – Inclu- sive fitness – von William HAMILTON (1964) auf eine überprüfbare quantitative Basis gestellt. Altruistische Unterstützung von Verwandten auf Kosten der eigenen Fitness lohnt sich evolu- tionär genetisch gesehen, wenn der Verwandtschaftsgrad in Bezug zu den Kosten groß genug ist. Die Gleichung HAMILTONS, r b > c, [22] mit dem Verwandtschaftsgrad r, der die Wahrscheinlichkeit, ein Allel gemeinsam mit dem un- terstützten Verwandten zu besitzen angibt;21 b ist der Nutzen des Verwandten, und c schließlich sind die Kosten für den Altruisten. Die Evolution von Kooperation und der Ursprung des Al- truismus wurden zu Hauptthemen der biologischen Verhaltensforschung (AXELROD und HA- MILTON 1981). Ausgehend von diesen ersten Ansätzen entstand eine neue Disziplin, die Soziobiologie (WILSON 2000). Von besonderem Interesse für das Entstehen von Kooperation in Gesellschaften erwies sich ein als Gefangenendilemma bekanntes spieltheoretisches Problem: zwei Gefangene haben gemeinsam ein Verbrechen begangen und sind in Untersuchungshaft. Die Anklage stützt sich ausschließlich auf Indizien und versucht, einen der beiden zu einem Geständnis zu überreden, wobei ihm eine Amnestie als Kronzeuge in Aussicht gestellt wird und der zweite Gefangene ein hohes Strafausmaß zu erwarten hat. Gestehen beide, haben sie eine mittlere Strafe zu ge- Nova Acta Leopoldina NF 110, Nr. 377, 167–211 (2011) Peter Schuster 204 ! dxj dt = xj ajixi "j t( )i=1 n #( ) !j t( ) = akixixkk=1 n "i=1 n " ! xi = 1i=1 n " 21 Der Verwandtschaftsgrad ist einfach zu berechnen. Er ist 1 für eineiige zwillinge, 0,5 zwischen Eltern und Kin- dern, 0,25 zwischen normalen Geschwistern, etc. Besondere Verwandtschaftsgrade treten beiAmeisen und Bienen auf, bei denen nur die Weibchen diploid sind, wogegen die Männchen nur einen Chromosomensatz tragen.