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Nova Acta Leopoldina Band 110 Nummer 377

3.2 Regularisierte lineare Klassifikation Die Diskussion, ob lineare oder nichtlineare Lernmethoden zur BCI-Kalibration eingesetzt wer- den sollten, ist noch nicht abgeschlossen (siehe auch MüLLER et al. 2003). Praktisch jedoch sind lineare Klassifikationsmethoden zurzeit das Arbeitspferd des BCI-Feldes, was in erster Linie an der besonders problemangepassten Vorverarbeitung der Daten liegt. So sind Bandenergie- merkmale weit davon entfernt, gaussverteilt zu sein, jedoch hilft eine zusätzliche Logarithmie- rung in der Regel, um sie approximativ gaussverteilt zu machen, was einer guten linearen Klassifizierbarkeit zuträglich ist. Im Allgemeinen sind lineare Methoden zwar einfach zu be- nutzen und relativ robust, dennoch gibt es ein wichtiges caveat: wenn die Anzahl der Datendi- mensionen hoch und die Anzahl der Datenpunkte vergleichsweise niedrig sind, dann versagen auch einfache Methoden wie die lineare Diskriminanzanalyse (LDA). Die benötigten Schätzun- gen von Mittelwerten und Kovarianzmatrizen der Hirnzustände können dann nicht mehr präzise genug erfolgen. In diesem für BCI typischen Falle hilft die sogenannte Shrinkage-Regularisie- rung. Während die empirische Kovarianzschätzung als ein Standardschätzer der Kovarianzma- trix unter normalen Bedingungen unverfälscht und robust ist, macht sie im Falle von wenigen Daten in hohen Dimensionen (was ja typisch für das BCI-Kalibrationsszenario ist) einen syste- matischen Fehler: Große Eigenwerte der Orginalkovarianzmatrix werden zu groß und kleine Eigenwerte als zu klein geschätzt (siehe auchAbb. 6). Dieser Fehler lässt die Klassifikationsgüte stark degradieren und führt zu einer suboptimalen BCI-Performanz. Shrinkage-Regularisierung addiert einen Diagonalterm auf die Kovarianzmatrix und korrigiert damit diesen systematischen Bias. Mit Hilfe dieser stabilisierten Kovarianzschätzung kann auch bei wenigen Daten in hohen Dimensionen häufig ein gutes Klassifikationsergebnis erzielt werden. 4.   BBCI-Steuerung durch motorische Paradigmen Bei der BCI-Steuerung wird nach Möglichkeit eine übereinstimmung zwischen der mentalen Aufgabe und dem gewünschten Steuereffekt in der realen Anwendung angestrebt. Daher soll- ten BCI-Nutzer nach Möglichkeit motorische Paradigmen zur Steuerung des BCI-Systems verwenden können, falls die Anwendung z. B. die Steuerung eines bewegten Cursors vorsieht. Gelähmte Patienten können dabei auf versuchte Bewegungsausführungen zurückgreifen, wäh- rend sich gesunde Nutzer kinästhetische Bewegungsvorstellungen zur mentalen Aufgabe ma- chen (siehe CONRADI et al. 2009). 4.1 Eindimensionale Cursorsteuerung zu Beginn der BCI-Forschung in Berlin wurde als erste experimentelle Testumgebung eine 1D-Cursorsteuerung für das BBCI-System implementiert. Jeweils eines der beiden Felder am linken und rechten Bildschirmrand wird zum Trialanfang als Vorgabe markiert (vgl. Abb. 7); der Cursor wird zu Beginn des Trials zunächst in der Mitte des Bildschirms für eine halbe Se- kunde festgehalten, bevor er sich dann der Ausgabe des BBCI-Klassifikators entsprechend bewegt. Der Trial endet, sobald der gedankengesteuerte Cursor eines der beiden Außenfelder erreicht hat. Das jeweilige Feld wird dann grün oder rot eingefärbt, je nachdem, ob das korrekte zielfeld berührt wurde. (Vgl.: Clip auf DVD → MüLLER et al. → Eindimensionale Cursor- steuerung.) Nova Acta Leopoldina NF 110, Nr. 377, 235–257 (2011) Klaus-Robert Müller, Benjamin Blankertz, Michael Tangermann und Gabriel Curio 244