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Nova Acta Leopoldina Band 110 Nummer 377

Folge der Fehlbeurteilungen des Behandlungserfolges, sind umso erschreckender, da für diese Studie alle zusätzlichen Unsicherheiten, die sich in Wirklichkeit bei einer erneuten, nachfol- genden radiologischen Bildaufnahme ergeben würden, bewusst eliminiert wurden. Wie kann man diese ernüchternden Ergebnisse verstehen, und welche Rolle können mo- dellbasierte neue Messverfahren spielen, derartige unakzeptable Irrtumswahrscheinlichkeiten zu reduzieren? Vergleicht man den erheblichen Aufwand, den zulassungsbehörden für neue Pharmazeutika fordern, mit der Leichtfertigkeit, Methoden wie RECIST ohne hinterlegte na- turwissenschaftliche Fundierung weltweit zu etablieren, wird ersichtlich, wie groß der Auf- holbedarf in manchen Teilen der Medizin noch ist. 2.2 Partialvolumeneffekt: Schwierigkeit der Beschreibung kleiner Läsionen zunächst versuchen wir nun zu verstehen, wo die Probleme in der Verlaufskontrolle liegen, wozu einige elementare Vorüberlegungen nötig sind, die wir an dieser Stelle so einfach wie möglich gestalten möchten, aber auch nicht zu einfach. Wir stellen uns eine Läsion von 1 ml Volumen vereinfachend als einen Kubus von der Kantenlänge 10 mm vor. Diesen Kubus un- terwerfen wir einer radiologischen Modalität wie z. B. CT oder MR und betrachten das Er- gebnis. Wegen der Auflösungsbegrenztheit der Modalität wird der Kubus unscharf abgebildet, ähnlich wie dies bei einer nicht richtig fokussierten Fotografie der Fall wäre. Darüber hinaus unterliegt die Bildrekonstruktion einer Diskretisierung, d. h. statt unendlich vieler Bildpunkte haben wir ein endliches, räumliches Gitter, ähnlich wie dies auch bei handelsüblichen Digi- talkameras der Fall ist. Man spricht in der CT und MR von Voxeln (Abk. für Volumenele- mente), d. h., der Raum ist in Minizellen unterteilt, und jede der zellen enthält nur einen einzigen Inhalt, den zugehörigen Grauwert. Die CT-Bildqualität mit 512 × 512 Bildpunkten pro Schicht, entsprechend einer 0,25-Mega-Pixel-Auslösung ist mit einer einfachen schwarz- weißen Digitalkamera vergleichbar. Schlichte Fotohandys erreichen mit 640 × 480 Bildpunk- ten bereits 0,3-Mega-Pixel. Vereinfachend stellen wir uns eineAufteilung des Körperquerschnitts von ca. 50 cm Durch- messer im CT in winzige Kuben der Kantenlänge von 1 mm vor, d. h., ein Voxel hat das Vo- lumen von 1 mm3 = 0,001 ml. Dies entspricht in etwa der Realität moderner CTs und ist für klinische MR-Bildgebung, abgesehen von der Bildgebung am Gehirn, noch immer eine Her- ausforderung. Fasst man Unschärfe des bildgebenden Verfahrens und Diskretisierung zusam- men, so entsteht am Rand des 1 ml-Kubus ein immenses Unsicherheitsproblem. Das Bild alleine sagt nun nichts mehr darüber aus, ob ein Randvoxel zu dem Volumen zu rechnen ist oder nicht – wir bezeichnen dies als Partialvolumeneffekt. Genau hier verlässt uns unsere Intuition, denn wir sind geneigt zu sagen, das sind ja nur die Randvoxel, und das sollte doch keinen erheblichen, sondern eher einen kaum messbaren Effekt haben. Sofort und intuitiv noch sicher erkannt ist es so, dass der Partialvolumeneffekt bei einer 1 ml-Läsion mehr und bei einer größeren Läsion, sagen wir 10 ml, weniger zu Buche schlägt. Nun reichen elementare Rechenschritte aus: Von den 10 × 10 × 10 Voxeln einer 1 ml-Läsion sind im einfachsten Fall genau 8 × 8 × 8 innere Voxel, d. h., es verbleiben 1000–512 = 488 Randvoxel. Anders gesagt, haben wir mindesten 48,8 % Voxel, die dem Par- tialvolumeneffekt in der Bildgebung unterliegen, oder die im Bild nicht sicher zuzuordnen sind; und dies ist eine Tatsache, die durch kein noch so gut geschultes Auge überlistet werden kann. Abbildung 1 veranschaulicht diesen Effekt. Ermitteln wir den Partialvolumenanteil für die 10 ml-Läsion, so erhalten wir noch mindestens 26 % Partialvolumeneffekt und bei einer Modellbildung in der bildbasierten Medizin: Radiologie jenseits des Auges Nova Acta Leopoldina NF 110, Nr. 377, 259–283 (2011) 265