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Nova Acta Leopoldina Band 110 Nummer 377

zielfunktional, das die minimale Temperatur innerhalb des Tumors approximiert. ziel der Op- timierung ist es, diese minimale Temperatur zu maximieren. Die Maximierung des zielfunktionals führt auf ein schwieriges nicht-konvexes Optimie- rungsproblem, bei dem die Temperatur, die ja innerhalb des zielfunktionals ausgewertet wird, durch das oben beschriebene komplexe PDE-System bestimmt wird. Außerdem stellt sich für die Optimierung heraus, dass die Hesse-Matrix der Lagrange-Funktion sehr schlecht kondi- tioniert ist, was zu Schwierigkeiten in der direkten Anwendung von Lagrange-Newton-Ver- fahren führt. Als Ausweg, und um mit der Nicht-Konvexität umgehen zu können, verwenden wir einen multiskalen Gradientenabstieg. Hierbei schwächen die Optimierungen auf groben Auflösungen den Einfluss der lokalen Minima und beschleunigen zudem den gesamten Opti- mierungsprozess (ALTROGGE et al. 2007). 3.2 Parameterunsicherheit und biologische Variabilität Die Modellierung und Simulation der RF-Ablation wird in der Komplexität weiter gesteigert durch die intrinsische Variabilität von biologischem Gewebe im Allgemeinen. Einerseits be- deutet dies eine individuelle Variabilität der anatomischen Form von Strukturen wie Tumoren, Blutgefäßen und Organen. Andererseits bedeutet die biologische Variabilität auch eine Diver- sität in den physikalischen Eigenschaften wie elektrischer und thermischer Leitfähigkeit, Wär- mekapazität, etc. Leider können weder die anatomische Form von Strukturen noch die physikalischen Gewebeeigenschaften exakt durch nicht-invasive Verfahren gemessen werden. Es bleibt auch hier eine Ungenauigkeit der in den Modellen und Simulationen adäquat Rech- nung getragen werden muss. In Abbildung 7A ist die Temperaturabhängigkeit der elektrischen Leitfähigkeit für ver- schiedene Schweinelebern abgebildet. Offensichtlich haben alle Kurven einen ähnlichen cha- rakteristischen Verlauf, aber teilweise enorme Detailunterschiede. Für die klinische Anwendung des Modells und der Simulation muss also berücksichtigt werden, dass das genaue Verhalten der einzelnen Gewebeeigenschaften eines individuellen Patienten unsicher ist. Das ist eine unausweichliche Tatsache, mit der geeignet umgegangen werden muss, denn aus den unsicheren Parametern oder Eingabedaten kann das Modell nur unsichere Resultate liefern. Dies muss auch in geeigneter Form an den behandelnden Arzt kommuniziert werden. Unser Ansatz zur Berücksichtigung der Parameterunsicherheit geht von einer stochasti- schen Verteilung der Werte aus. Diese verwenden wir in einem System von stochastischen partiellen Differentialgleichungen (SPDEs), das analog zu dem oben beschriebenen Modell ist. Auf diese Weise können wir sowohl das erwartete Verhalten der physikalischen Prozesse untersuchen, als auch die Konfidenz für das Erreichen der gewünschten kritischen Tempera- turen in allen Bereichen des Tumors inklusive eines Sicherheitsrandes optimieren. Allerdings muss hierfür eine weitere Steigerung der Komplexität des Modells und der numerischen Be- rechnungen in Kauf genommen werden, aufgrund der zusätzlichen stochastischen Dimension, der damit verbundenen Diskretisierungen und des resultierenden numerischen Aufwands. zudem steckt die Forschung zu SPDE-Systemen mit der hier auftretenden Komplexität noch in den Kinderschuhen. In Abbildung 9 sind erste Ergebnisse einer patientenindividuellen Analyse der Sensitivität der optimalen Applikatorplatzierung in Bezug auf Variationen in der elektrischen und thermi- schen Leitfähigkeit gezeigt. In der Abbildung sind die Kovarianzmatrix der optimalen Appli- katorposition und die Wahrscheinlichkeitsverteilung der Orientierung visualisiert. Die Nova Acta Leopoldina NF 110, Nr. 377, 259–283 (2011) Heinz-Otto Peitgen, Horst Hahn und Tobias Preusser 278