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Nova Acta Leopoldina Band 110 Nummer 377

Eine weitere Einteilung der Klimamodelle hinsichtlich der Wiedergabe von Klimadaten mag zur Bewertung dieser Modelle nützlich sein. zum einen werden Klimamodelle im prognosti- schen Modus oder Vorhersagemodus genutzt. Dabei werden die Modelle durch ändernde Randwerte angetrieben (z. B. durch sich ändernde geografische Verteilung des solaren Ener- gieflusses, oder durch Eintrag von chemischen und partikulären Substanzen, die mit einem Vulkanausbruch einhergehen). Die Ergebnisse einer solchen Vorhersage können dann – im Prinzip – mit Klimadaten verglichen werden, um die Modelle zu validieren. In einem zweiten, sogenannten Assimilationsmodus werden die Modelle an Klimadaten herangeführt, um den vergangenen Klimazustand in Raum und zeit so vollständig und so realitätsnah wie möglich wiederzugeben. Bei der Datenassimilation steht also zunächst nicht die Vorhersage im Vor- dergrund, sondern die physikalisch konsistente Interpolation und Interpretation von Klima- daten, welche nur an relativ wenigen Punkten der Erde und nur zu bestimmten zeitabschnitten bekannt sind. Assimilation und Vorhersage sind miteinander verbunden, da die Güte einer Vor- hersage auch davon abhängt, wie gut der Ausgangspunkt der Vorhersage bekannt, also in das Vorhersagemodell assimiliert ist. 4.   Gedankenexperimente und Klimavorhersagen Bevor die Frage nach der Validierbarkeit komplexer Klimamodelle diskutiert wird, sollen in diesem Abschnitt einige Beispiele für verschiedene Anwendungen komplexer Klimamodelle stichwortartig skizziert werden. Aus der Untersuchung einfacher Energiebilanzmodelle ist bekannt, dass die Erde bei heu- tiger solarer Einstrahlung und Konzentration der Treibhausgase vollständig mit Eis bedeckt sein könnte, wenn als Anfangsbedingung der Simulation eine eisbedeckte Erde gewählt wird. Umgekehrt kann das (Modell-)Klimasystem in eine sogenannte „Schneeballerde“ hineinkip- pen, wenn der solare Energiefluss für eine kurze zeit unterbrochen würde (NORTH et al. 1981). Bisher war unbekannt, ob dieses Phänomen auch in komplexen, quasi-realistischen Modellen auftreten würde. Dies konnte erst von MAROTzKE und BOzET (2007) gezeigt werden. In ihren numerischen Experimenten entdeckten die Autoren, dass die vollständig mit Schnee bedeckte (Modell-)Erde erst durch eine zunahme der atmosphärischen CO2-Konzentration um den Fak- tor 100 gegenüber dem heutigen Wert auftaut. Der Wert dieser Arbeit liegt nicht in der Vor- hersage einer möglichen globalen Klimakatastrophe bei relativ kurzzeitiger Verdunklung der Erde. Vielmehr bietet diese Studie einen weiteren Einblick in die Dynamik des Klimasystems außerhalb des Erfahrungsbereiches des rezenten Klimas. Insbesondere wird gezeigt, dass das betreffende komplexe Klimamodell Prozesse nachbilden kann, die aus einfachen, einer ana- lytischen Lösung zugänglichen Modellen bekannt waren. Insofern könnte man von einer struk- turellen Verifizierung des komplexen Modells sprechen. Große Vulkanausbrüche führen nicht nur zu regionalen bis kontinentalen katastrophalen Umbrüchen der Landoberfläche, sie beeinflussen auch das regionale und globale Klima über mehrere Jahre. Während die Effekte jüngerer Vulkanausbrüche, wie z. B. der des Pinatubo im Jahre 1991 oder des Mt. St. Helens im Jahre 1982, gut dokumentiert sind, ist relativ wenig über die sehr viel stärkeren Ausbrüche in der yellowstone-Region vor etwa 600000 und 2200000 Jahren oder des Toba vor 73000 Jahren bekannt. Letzterer übertraf die geschätzte Auswurfmenge des Mt. St. Helens um den Faktor 2800. Während Klimamodelle hinsichtlich ihrer Antwort auf heutige Vulkanausbrüche validiert werden können, bleiben nur Plausibili- Von der Arrheniusschen Energiebilanz zum Erdsystemmodell Nova Acta Leopoldina NF 110, Nr. 377, 83–97 (2011) 91