Profiles of Leading Women Scientists on AcademiaNet.
Search among the members of the Leopoldina for experts in specific fields or research topics.
Year of election: | 2003 |
Section: | Gynäkologie und Pädiatrie |
City: | Lausanne |
Country: | Schweiz |
Forschungsschwerpunkte: Genetik, Pädiatrie, Skeletterkrankungen
Das Arbeitsgebiet von Andrea Superti-Furga sind genetische Störungen und seltene Krankheiten bei Kindern und Erwachsenen. Er erforscht diese Erkrankungen in einem umfassenden Ansatz, in dem er das Verständnis von genetischen und molekularen Ursachen mit präzisionsmedizinischen Diagnose- und Behandlungsmethoden kombiniert. Neben medizinischen Aspekten betrachtet Superti-Furga auch die gegebenen sozialen, ökonomischen und ethischen Umstände seiner Patienten und ihrer Familien. Seine Entdeckungen zu genetischen Störungen, insbesondere derer des Metabolismus und der Knochen, haben grundlegende Prozesse enthüllt und präzise Diagnosen und neue therapeutische Ansätze ermöglicht.
Andrea Superti-Furga und seinen Mitarbeitern gelang es, neun Patienten zu identifizieren, die an einer bisher unbekannten Erbkrankheit leiden. Zwei Leiden – verzögerte Entwicklung und gestörtes Skelettwachstum – haben demnach eine gemeinsame Ursache: Einen Defekt im Gen NANS (N Acetylneuraminsäure-Synthase). Die Ursache der Symptome liegt darin, dass Mutationen in NANS seine Funktion stören und damit die Produktion von Sialinsäure. Diese Zucker-ähnliche Substanz spielt beim Menschen eine wichtige Rolle bei der Interaktion zwischen Zellen. Im Gehirn unterstützt Sialinsäure die Bildung von Synapsen, also Nervenverknüpfungen. Dieser Stoff ist nicht nur für seine positive Wirkung auf die gesunde Entwicklung von Kindern bekannt, sondern auch dafür, die kognitive Leistung bei älteren Menschen zu erhöhen. Bei den neun Patienten wurden acht verschiedene Veränderungen im NANS-Gen entdeckt.
Um die zentrale Rolle des NANS-Gens für die Entwicklung zu bestätigen, nutzten die Wissenschaftler Zebrafisch-Embryos, bei denen sie gentechnisch das Gen mutierten. Dies führte zu Störungen bei der Skelettentwicklung der Fische. Gaben die Forscher jedoch Sialinsäure ins Aquarienwasser, normalisierte sich die Entwicklung der Fischembryos teilweise. Die Schweizer Forschenden untersuchen nun die Möglichkeit einer Therapie für die Betroffenen.
In einer weiteren Arbeit entdeckten Superti-Furga und seine Kooperationspartner das Gen, das für das sogenannte „Pyle-Syndrom“ verantwortlich ist. Dabei handelt es sich um einen seltenen genetischen Defekt, der zu Deformationen des Skeletts führt. Diese zeigen sich unter anderem in Symptomen wie X-Bein-Stellung, abgeflachte Wirbelkörper und unverhältnismäßig dünne Schichten des äußeren, harten Materials der Knochen. Nachdem das dafür verantwortliche Gen sFRP4 identifziert war, konnten Superti-Furga und seine Mitarbeiter erstmals beweisen, dass das innere, weichere Knochenmaterial durch einen anderen Mechanismus gebildet wird als das härtere Knochengewebe, das die äußere Form der Knochen vorgibt. Ausgehend von diesem neuen Verständnis der Bildung von Knochen arbeitet Superti-Furga derzeit an Medikamenten, die die Bildung des harten Knochenmaterials beschleunigen.