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Year of election: | 2017 |
Section: | Cultural Sciences |
City: | Bonn |
Country: | Germany |
Forschungsschwerpunkte: Soziologie der Wissenschaft und der Universitäten, Evolution der Weltgesellschaft, Soziologie des Fremden, demokratische und autoritäre politische Systeme, Theorie der Inklusion und Exklusion in Gesellschaft und Sozialsystemen
Rudolf Stichweh ist Soziologe. Seine Forschungsschwerpunkte sind soziologische Theorie und Systemtheorie. Er fragt, wie sich die Gesellschaft ausdifferenziert hat und wie Wissenssysteme bestimmte Bereiche unserer Gesellschaft prägen. Außerdem beschäftigt er sich mit der Entstehung und Entwicklung sozialer Ungleichheit sowie mit der Soziologie demokratischer und autoritärer politischer Systeme.
Was Rudolf Stichweh vor allem interessiert, sind die großen Linien der gesellschaftlichen Entwicklung. Diese beginnt für ihn weit in der Vorgeschichte, als kleine Gruppen der Art Homo sapiens nach und nach alle Naturräume der Erde besiedelten. Und sie reicht bis zu der hochkomplexen, globalisierten Gesellschaft des 21. Jahrhunderts. Manche Sozialwissenschaftlerinnen und -wissenschaftler sehen diese bereits als ein die ganze Erde umspannendes soziales Netzwerk. Die Evolution dieser „Weltgesellschaft“ gehört zu den zentralen Fragen, mit denen sich Rudolf Stichweh beschäftigt.
Auffällig an dieser historischen Entwicklung ist, dass sich die Gesellschaften im Laufe der Zeit immer stärker ausdifferenziert haben. Es sind Teilbereiche wie Wissenschaft, Erziehung, Recht, Medizin und Religion entstanden, die jeweils ihre eigenen Wissenssysteme haben. Rudolf Stichweh analysiert, wie sich diese unterschiedlichen Disziplinen entwickelt haben und wie sie die Gesamtgesellschaft beeinflussen.
Schon zu Anfang seiner wissenschaftlichen Laufbahn hat er dabei das Geflecht von Institutionen untersucht, aus denen die modernen Wissenschaftsdisziplinen und die europäischen Universitäten entstanden sind. Mit der Physik des 18. und 19. Jahrhunderts hat er sich dabei ebenso beschäftigt wie mit der Bildung von Staaten und Universitäten in der frühen Neuzeit. Diese Forschungsrichtung will er künftig weiter intensivieren und die Wechselwirkungen zwischen dem Wissenschaftssystem der Moderne und seinem gesellschaftlichen Umfeld genauer unter die Lupe nehmen. So will er besser verstehen, wie dieses System gewachsen ist und wie darin verschiedene Probleme entstanden sind.
In weiteren Arbeiten beschäftigt sich Stichweh mit der Theorie der Inklusion und Exklusion in Gesellschaft und Sozialsystemen. Er untersucht die unterschiedlichen Rollen von Menschen in der modernen Gesellschaft. Wann und wie sind zum Beispiel Personen in die globalisierten Funktionssysteme einbezogen und wann werden sie ausgeschlossen? Vor diesem Hintergrund analysiert Rudolf Stichweh auch, wie soziale Ungleichheiten entstehen. Diese Fragen verknüpft er mit Überlegungen zur Soziologie des „Fremden“ und zur Migration.
Einen weiteren Schwerpunkt seiner Arbeit legt er auf die politischen Systeme der Gegenwart. Dabei vergleicht Stichweh Strukturen und Prozesse in Demokratien und autoritären Regimes – und analysiert damit die beiden wichtigsten Varianten von staatlicher Ordnung, die sich in der modernen Welt gegenüberstehen.
Insgesamt untersucht der Soziologe so ein breites Spektrum an Fragen und Problemen, die im 21. Jahrhundert immer drängender werden. Er will besser verstehen, wie die Gesellschaft und ihre verschiedenen Teilbereiche auf aktuelle Herausforderungen vom Klimawandel bis zur sozialen Ungleichheit reagieren. Das soll helfen, bessere Strategien für den Umgang mit den zahlreichen Krisen zu entwickeln.