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Press Release | Friday, 7 October 2005

Akademie Leopoldina ehrt zwei Mitglieder für ihr wissenschaftliches Lebenswerk mit der goldenen Cothenius-Medaille

Professor Dr. Alfred Gierer (Tübingen) und Professor Dr. Dr. h.c. mult. Hans Günter Schlegel (Göttingen)

Zu den Preisträgern:

Alfred Gierer (Tübingen)
Alfred Gierer ist eines der ideenreichsten Leopoldina-Mitglieder mit einem breiten Interessenspektrum. Er hat ein fachlich hochkarätiges experimentelles und theoretisches Oeuvre aufzuweisen, das die Physik wie die Biologie einschließt, speziell die Rolle physikalischer Prozesse für das Verständnis komplexer biologischer Vorgänge. Mit 31 Jahren wurde er zum jüngsten Wissenschaftlichen Mitglied der Max-Planck-Gesellschaft ernannt. Als Biophysiker beschäftigte er sich intensiv mit entwicklungsbiologischen Problemen (Morphogenese und Zelldifferenzierung, Neuroembryologie, Prinzipien biologischer Strukturbildung und Evolution), wurde unter den Molekularbiologen bekannt durch den Nachweis, dass die RNA beim Tabakmosaikvirus die infektiöse Komponente darstellt, eine Entdeckung, die die ganze virale Infektionsbiologie beeinflusste. Als Wissenschaftler und Direktor am Max-Planck-Institut für Entwicklungsbiologie in Tübingen wie auch als Leopoldina-Mitglied hat er gezeigt, dass er ebenso Theoretiker wie Experimentator, ebenso Physiker wie Biologe, ebenso Wissenschaftsphilosoph wie Wissenschaftshistoriker ist. Auf allen diesen Gebieten hat er maßgeblich zum Erkenntnisfortschritt in Vorträgen und Publikationen beigetragen. Seine Bücher, Monographien und zahlreichen Originalpublikationen bestätigen dies. Er war und ist ein gesuchter Redner, hat auch die Leopoldina, deren Mitglied er 1964 mit nur 35 Jahren wurde, durch seine Vorträge und Diskussionsbeiträge zu Jahresversammlungen bereichert. Als Senator der Leopoldina hat er wichtige Ratschläge und Ideen eingebracht.

Alfred Gierer erhält die Cothenius-Medaille der Akademie Leopoldina für sein, wie es in der Urkunde heißt, "von naturwissenschaftlicher und kulturwissenschaftlicher Originalität gekennzeichnetes Lebenswerk".

Zur Person: Alfred Gierer, geboren 1929, studierte in Göttingen Physik und legte dort die Diplom- (1950) und Doktorprüfung (1953) ab. Nach einem Forschungsaufenthalt als Fulbright-Stipendiat am Biology Department des Massachusetts Institute of Technology arbeitete er ab 1954 am Max-Planck-Institut für Virusforschung in Tübingen. 1958 erfolgte die Habilitation für das Fach Biophysik an der Universität Tübingen. Nach einem Forschungsaufenthalt am Biology Department des California Institute of Technology bei Max Delbrück wurde er 1960 Mitglied der Max-Planck-Gesellschaft und Leiter der Molekularbiologischen Abteilung am Max-Planck-Institut für Virusforschung (seit 1984: Entwicklungsbiologie) in Tübingen, eine Position, die er bis zu seiner Emeritierung innehatte.

Hans Günter Schlegel (Göttingen)
Das wissenschaftliche Lebenswerk von Hans Günter Schlegel hat der Mikrobiologie dazu verholfen, in Deutschland in den Fächerkanon der naturwissenschaftlichen Fakultäten aufgenommen zu werden. Seine Beschäftigung mit den molekularen Mechanismen des Stoffwechsels von Mikroorganismen hat dabei ganz entscheidend dazu beigetragen, diese Forschungsrichtung in Deutschland auf höchstem internationalen Standard zu etablieren. Schon bald nach Übernahme des Lehrstuhls in Göttingen hat er die Mikrobiologie in Göttingen dynamisch weiterentwickelt, so dass schon nach wenigen Jahren ein Mikrobiologisches Institut an der Naturwissenschaftlichen Fakultät geschaffen wurde. Aus diesem Institut sind unter seiner Obhut in Deutschland allein 15 Lehrstühle besetzt worden, insgesamt konnten 40 Professorenpositionen im In- und Ausland mit seinen Schülern besetzt werden.
Seine ca. 350 Publikationen, die sich mit einer großen Bandbreite von Themen befassen, sind im In- und Ausland sehr geschätzt. Mehrere Ehrendoktorate sowie Mitgliedschaften in Akademien bestätigen dies. Für die Etablierung der naturwissenschaftlichen Mikrobiologie in Deutschland und das Renommee der von ihm vertretenen "Göttinger Schule" war die Publikation des Lehrbuches "Allgemeine Mikrobiologie" im Jahre 1969 ein Meilenstein. Dieses Buch ist inzwischen in der siebten Auflage erschienen und wurde in acht Sprachen übersetzt. Es vermittelt in leicht verständlicher Form Studenten der Naturwissenschaften die Physiologie und Genetik von Mikroorganismen und wird von Studenten und Wissenschaftlern unterschiedlicher Fachrichtungen gleichermaßen geschätzt. Hans Günter Schlegel hat die Verbindung zu seiner Heimat-Universität Halle stets gepflegt. Der Leopoldina, dessen Mitglied er bereits 1966 wurde, ist er später immer treu geblieben. Er fungierte von 1989 bis 1998 als Obmann der Sektion Mikrobiologie. In der Schriftenreihe "Acta Historica Leopoldina" publizierte er 1999 eine "Geschichte der Mikrobiologie", die inzwischen in der zweiten Auflage erschienen ist. Er ist nach wie vor ein aktives Mitglied der Akademie, das die fachspezifischen Diskussionen der Sektion Mikrobiologie immer wieder durch Beiträge und Ideen befruchtet.

Hans Günter Schlegel erhält die Cothenius-Medaille der Akademie Leopoldina, für sein, wie es in der Urkunde heißt, "der Mikrobiologie in Forschung und Lehre gewidmetes umfangreiches Lebenswerk".

Zur Person: Hans Günter Schlegel, geboren 1924 in Leipzig, studierte nach einem Notabitur und dem Wehrdienst von 1946-1949 in Leipzig und Halle Biologie und wurde 1950 in Halle promoviert. 1954 erfolgte die Habilitation. Zunächst in Halle und dann in Gatersleben bei Kurt Mothes beschäftigte er sich mit den biochemischen Leistungen von Mikroorganismen. Nach einem Forschungsaufenthalt bei Lynen und einem Postdoc-Aufenthalt in Cleveland bei Krampitz übernahm er 1958 den Lehrstuhl für Mikrobiologie an der Landwirtschaftlichen Fakultät der Universität Göttingen, den er bis zu seiner Emeritierung innehatte.

Preis und Preisvergabe
Die Vergabe der beiden Medaillen erfolgt am 7. Oktober 2005 im Rahmen der feierlichen Eröffnung der Jahresversammlung der Akademie Leopoldina in Halle (Saale).

Die Cothenius-Medaille, die auf eine Stiftung des Mitglieds und Director Ephemeridum Christian Andreas von Cothenius (1708-1789) zurückgeht, wurde 1792 erstmals verliehen. Zu Beginn waren es Preisfragen aus der praktischen Medizin, für deren Bearbeitung die Medaille vergeben wurde. Seit 1954 vergibt die Leopoldina sie für das herausragende wissenschaftliche Lebenswerk an Mitglieder der Akademie. Sie trägt die Inschrift: "Als Anerkennung der Tüchtigkeit derer gestiftet, die das Wohl der Sterblichen fördern".

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