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Press Release | Friday, 6 April 2001

Presseinformation 11/2001

Akademie Leopoldina vergibt erstmals den mit 30.000 DM dotierten Leopoldina-Preis der Commerzbank-Stiftung an Prof. Dr. Adriano Aguzzi (Zürich).

Gibt es bald Medikamente gegen BSE? Diese Frage stellt sich beim Blick auf die Arbeiten von Adriano Aguzzi vom Institut für Neuropathologie des Universitätsspitals Zürich. Denn sie haben entscheidend dazu beigetragen, die Wege der Infektion mit Prionen, den Erregern von zum Beispiel BSE, zu verstehen. Diese Forschungen bilden damit die Grundlage für mögliche Therapieansätze. Aguzzi erhält den erstmals vergebenen und mit 30.000 DM dotierten Leopoldina-Preis der Commerzbank-Stiftung für seine, wie es in der Urkunde heißt, "molekularbiologischen und neuropathologischen Forschungen an altersbedingten Hirnerkrankungen und seine Pionierarbeit bei Prionenerkrankungen".

Prionen-Proteine, kurz Prionen, sind ganz normale Bestandteile einer Nervenzelle. Veränderungen dieser normalen Prionen führen zu Hirnerkrankungen, die zum Teil seit langem bekannt sind. Zu ihnen gehört die Creutzfeldt-Jakob-Erkrankung (CJD), die man seit 1920 kennt. Sie gehört zu den seltenen Krankheiten, denn weltweit gibt es nur 0,5 bis 1 Fall pro 1 Million Menschen. Insgesamt 15 % der Fälle sind erblich, 80 % sporadisch und nur 5 % werden durch Infektionen übertragen. Ebenfalls durch mutierte Prionen hervorgerufen wird die Erkrankung Kuru, die in den 50er Jahren des 20. Jahrhunderts bei 1 % aller Einwohner eines Stammes in Neuguinea auftrat, der aus rituellen Gründen Kannibalismus betrieb.

Seit die neue Variante der Creutzfeldt-Jakob-Krankheit (nvCJD) mit dem Verzehr von BSE-verseuchtem Rindfleisch in Zusammenhang gebracht wird, interessiert sich die Öffentlichkeit dafür, wie man sich vor einer Erkrankung durch Prionen schützen oder sie behandeln kann. Lange vor BSE hat der Neuropathologe Aguzzi bereits begonnen, die Vorgänge, die zu einer Hirnerkrankung durch Prionen führen, zu erforschen und zu verstehen.

Aguzzi untersucht mit seiner Arbeitsgruppe am Tiermodell die Ausbreitungswege, durch die Prionen im Körper eines infizierten Individuums ins Gehirn gelangen und dort zu einer schwammartigen Veränderung des Gehirns führen. Er konnte zeigen, dass Prionen, die über den Verdauungstrakt aufgenommen werden, sich mit Hilfe von B-Lymphozyten in der Milz anreichern und vermutlich über Nervenfasern ins Gehirn gelangen. Fehlen B-Lymphozyten oder sind sie nur in sehr kleinen Mengen vorhanden, gelangen Prionen nicht ins Gehirn. Hierin liegt einer der therapeutischen Ansätze zur Vorbeugung vor dieser Hirnerkrankung. Aguzzi’s Arbeiten bilden auch die Grundlage für Tests, mit denen künftig die Bestimmung der Prionen-Konzentration in Blut und Gewebe möglich sein wird.
 

Zum Preisträger:
Adriano Aguzzi wurde 1960 in Pavia (Italien) geboren, studierte in Freiburg und Basel Medizin, promovierte in Freiburg, verbrachte seine Postdoktorandenzeit am Institut für Molekulare Pathologie (IMP) in Wien, war ab 1993 Oberarzt für Neuropathologie an der Universität Zürich und ist seit 1997 Ordinarius für Neuropathologie und Direktor des Instituts für Neuropathologie der Universität Zürich. Etwa seit 10 Jahren widmet sich Aguzzi der Prionenforschung. Er erhielt für seine Arbeiten zahlreiche Auszeichnungen, so den Ernst Th. Jucker-Preis für Krebsforschung (Zürich, 1995), den Pfizer-Preis für Neurobiologie (Zürich, 1996), die Gold-Medaille der Europäischen Molekular Biologie Organisation (Lissabon, 1998), den Cloëtta-Preis (Zürich, 1998), den Ernst Jung-Preis für Medizin (Hamburg 1999), die Aschoff-Medaille (Freiburg, 2000) und den Biotec-Preis (Mailand, 2000). Er war außerdem Tibor Greenwalt Lecturer (San Francisco, 1999), Cameron Lecturer (Birmingham, 2000) und ist derzeit Präsident der Schweizer Gesellschaft für Neuropathologie und des Vereins Forschung für das Leben.

Preis und Preisvergabe:
Die erstmalige Vergabe des mit 30.000 DM dotierten Leopoldina-Preises, gestiftet von der Commerzbank-Stiftung, findet im Rahmen der feierlichen Eröffnung der Jahresversammlung der Leopoldina am 6. April 2001 in Halle (Saale) statt.

Mit diesem Preis werden künftig herausragende aktuelle Leistungen jüngerer Wissenschaftler auf einem der in der Akademie Leopoldina vertretenen Disziplinen wie Naturwissenschaften, Medizin, Wissenschaftsgeschichte, Technikwissenschaften gewürdigt.

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