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Press Release | Friday, 6 April 2001

Presseinformation 8/2001

Akademie Leopoldina ehrt den Zellbiologen Professor Dr. Kai L. Simons (Dresden) mit der Schleiden-Medaille für seine Forschung zum Mechanismus des vesikulären Transports als Grundlage für die Polarität von Zellen.

Für den Laien ist es kaum vorstellbar, dass aus einer einzelnen befruchteten Eizelle ein vielzelliger Organismus mit funktionell unterschiedlichsten Zellen entstehen kann. Epithelzellen zum Beispiel, die die innere und äußere Oberfläche des Körpers auskleiden, sind ausgesprochen polar. Die Zellmembran von Darmepithelzellen enthält an der dem Darm zugewandten Seite Transportmoleküle, die für die Nährstoffresorption benötigt werden; an der Verbindungsstelle zu benachbarten Darmzellen gibt es stattdessen Verankerungskomponenten, die den Verband zusammenhalten. Für seine herausragenden zellbiologischen Untersuchungen zur Entstehung und Aufrechterhaltung von Polarität in Epithelzellen ehrt die Akademie Leopoldina den Zellbiologen Kai L. Simons vom Max-Planck-Institut für molekulare Zellbiologie und Genetik in Dresden mit der Schleiden-Medaille.

Wodurch entsteht zelluläre Polarität? Warum enthält eine Epithelzelle nur an bestimmten Stellen in ihrer Zellmembran Transportmoleküle, die es ihr erlauben, im Falle einer Darmzelle, Nahrungsstoffe aus dem Darmlumen aufzunehmen, d.h. zu resorbieren? Mit diesen grundlegenden zellbiologischen Fragen des Entstehens und der Aufrechterhaltung von Polarität haben sich die Forschungsarbeiten von Simons in den vergangenen 25 Jahren maßgeblich beschäftigt. Er hat zeigen können, dass die Zusammensetzung der Zellmembran nicht dem Zufall überlassen wird, sondern gezielte Mechanismen den Einbau bestimmter Komponenten in die Zellmembran steuern. So gibt es in der Epithelzelle Adressier- und Sortiersignale, die Eiweißen und Fettsäuren, die sich in die Zellmembran einlagern sollen, den Weg an die richtige Stelle weisen. In der Sortierstation, dem Trans-Golgi-Netzwerk, entscheidet sich, an welchen Bestimmungsort Eiweiße und Fettsäuren entlang des weit verstreuten Innenskeletts geschickt werden.

Simons hatte schon vor längerer Zeit festgestellt, dass Fette, wie Glycosphingolipide und Cholesterin, in Form von Vesikeln bevorzugt an ganz bestimmte Stellen der Epithelzellmembran transportiert werden und mit dieser verschmelzen. Daraus hat sich die Hypothese entwickelt, dass Cholesterin und Sphingolipide als "Flöße" dienen könnten, mit denen zusammen auch Proteine gezielt an ihren Bestimmungsort verschickt werden. Diese Hypothese konnte Simons in den letzten Jahren beweisen: Eiweißmoleküle schwimmen nicht ziellos im Zellinnern herum, sondern werden mit Cholesterin als Klebstoff zu kleinen Inseln in der Zellmembran zusammengeleimt und gemeinsam an den Bestimmungsort transportiert.

Simons erhält die Schleiden-Medaille für seine, wie es in der Urkunde heißt, "bahnbrechenden Forschungen zur Struktur und Funktion von Membranproteinen, speziell zum Mechanismus des vesikulären Transports".

Zum Preisträger:

Kai Simons wurde 1938 in Helsinki (Finnland) geboren. Er studierte Medizin an der Universität Helsinki und promovierte dort 1964. Nach einem Forschungsaufenthalt an der Rockefeller Universität in New York kehrte er 1967 an die Universität von Helsinki zurück, wurde 1972 Senior Investigator am Institut für Serologie und Bakteriologie und 1976 Professor für Biochemie. Nach 1975 war er zuerst Gruppenleiter, danach Senior Scientist am European Molecular Biology Laboratory (EMBL) in Heidelberg und Koordinator des Zellbiologie-Programms. Seit 1998 ist er Gründungsdirektor am Max-Planck-Institut für molekulare Zellbiologie und Genetik in Dresden. Simons hat zahlreiche internationale Preise und Ehrungen erhalten, ist Mitglied der Leopoldina seit 1999 und zahlreicher anderer Akademien, so der National Academy of Sciences, USA (1997), der Heidelberger Akademie der Wissenschaften (1987), der American Academy of Arts and Sciences (1996). Er ist Editor mehrerer internationaler Zeitschriften und Mitglied in verschiedensten wissenschaftlichen Gremien.
  
Preis und Preisvergabe:

Die Vergabe der Schleiden-Medaille findet im Rahmen der feierlichen Eröffnung der Jahresversammlung der Leopoldina am 6. April 2001 in Halle (Saale) statt.

Die Schleiden-Medaille, benannt nach Matthias Jacob Schleiden (1804 – 1881), wird seit 1955 von der Akademie Leopoldina für hervorragende Erkenntnisse auf dem Gebiete der Zellbiologie vergeben.

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Julia Klabuhn

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