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Nova Acta Leopoldina Band 110 Nummer 377

Die Funktion E = f(r1, r2, ... r3M-6), [3] die die Änderung der Energie eines Moleküls in Abhängigkeit von der Änderung der 3M–6 Koordinaten (Variablen) beschreibt, heißt Potentialenergiefläche, da sie das Potential für die Bewegung der Atome eines Moleküls darstellt. Mathematisch handelt es sich um eine Hyper- fläche im 3M–6+1-dimensionalen Raum. Abb. 1 Energiehyperfläche als Funktion von zwei Koordinaten als Reliefkarte (A, Quelle: Christoph DELLAGO, Wien) und als Relief und Höhenliniendarstellung (B, Quelle: Fritz-Haber-Institut der MPG, Berlin) In unserem dreidimensionalen Anschauungsraum kann man eine Funktion von höchstens zwei Variablen darstellen, und zwar als nicht-ebene „Energie“-Fläche (zweidimensionales Gebilde) im dreidimensionalen Raum, wie wir sie als Reliefkarte eines Gebirges kennen (siehe Abb. 1). Auch für mehratomige Moleküle kann anschaulich immer nur die Änderung der Energie in Abhängigkeit von zwei Koordinaten dargestellt werden, zwei ausgewählte Bindungslängen oder zwei Rotationswinkel.4 Anstelle der perspektivischen Darstellung der Reliefkarte ist auch die Höhenliniendarstellung üblich. Die Minima auf dieser Fläche entsprechen stabilen Strukturen, die Sattelpunkte (Maximum bezüglich einer Koordinate, Minimum bezüglich aller anderen) sind die Übergangsstrukturen für chemische Reaktionen, d. h. die Umwandlung einer stabilen Struktur in eine andere. Diese Energiehyperfläche enthält die vollständige Information für alle isomeren Strukturen einer bestimmten Zusammensetzung (gleiche Summenformel), man spricht deshalb auch von Ener- gielandschaften (WALES 2003). Abbildung 2 zeigt die Vielfalt der stabilen C4H4-Strukturen (KOLLMAR et al. 1981), die alle Minima der gleichen Potentialenergiefläche sind, und die Pfeile repräsentieren Reaktionspfade mit den Energien der Übergangsstrukturen. Die Potentialener- giefläche enthält alle Informationen, um mittels statistischer Thermodynamik für jedes Mini- mum die Eigenschaften der entsprechenden Verbindung (als ideales Gas) zu berechnen und Quantenmechanische Modellierung – Einblicke in die atomaren Details chemischer Systeme Nova Acta Leopoldina NF 110, Nr. 377, 99–117 (2011) 103 4 Ein Beispiel sind Auftragungen der Energie von Peptidkonformationen als Funktion der beiden Torsionswinkel der Peptidbindung in Analogie zu den bekannten Ramachandran-Plots (RAMACHANDRAN et al. 1963)