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Nova Acta Leopoldina Band 110 Nummer 377

Ebenso gilt noch heute der zweite Teil der Bemerkung DIRACS: „It therefore becomes desirable that approximate methods of applying quantum mechanics should be developed, which can lead to an explanation of the main features of complex atomic systems without too much com- putation.“6 Mit der Entwicklung von Näherungsverfahren, die einen vertretbaren Kompromiss zwischen Genauigkeit und Rechenaufwand darstellen, sind die Quantenchemiker bis heute be- schäftigt. Die Erfolge auf diesem Weg, der eng mit der Entwicklung der Computer verknüpft ist und an dem viele Anteil haben (SAUER 1998, 1999), wurden 1998 durch die Verleihung des Nobelpreises gewürdigt: „to Walter KOHN for his development of the density-functional theory and to John POPLE for his development of computational methods in quantum chemistry.“ Mehr über die Hierarchie von Methoden abgestufter Genauigkeit, mit der die Energiehyperflächen auch sehr großer Systeme berechnet werden können, wird im Abschnitt 7 berichtet. Die Bewegung auf der Potentialfläche kann räumlich erfolgen (Auffinden von Minima und Sattelpunkten durch Optimierungsverfahren), räumlich-statistisch (Monte-Carlo-Metho- den) oder raum-zeitlich (Molekulardynamik). Herausforderungen resultieren hier aus der Viel- zahl von Dimensionen (Freiheitsgraden), in denen die Bewegung erfolgen kann, und der oft damit verbundenen komplexen Energielandschaften (WALES 2003) mit zahlreichen Minima und Sattelpunkten, wobei der oben betrachtete C4H4-Fall noch relativ übersichtlich ist. zu den klassischen Problemen der Bewegung auf der Potentialfläche von Biomolekülen (CHRISTEN und VAN GUNSTEREN 2008) gehört die Proteinfaltung. Die Methoden zur Bestimmung von Energieminimum-Strukturen sind lokale Optimie- rungsmethoden. Ausgehend von einer Startstruktur, finden sie in der komplexen Energieland- schaft das nächstgelegene Minimum. Das kann einem Isomer entsprechen, welches eine so hohe relative Energie hat, dass es chemisch keine Rolle spielt. Will ich die Struktur des sta- bilsten Isomers finden, muss ich in der Nähe des globalen Energieminimums starten, d. h., ich muss bereits eine ungefähre Vorstellung davon haben, wie die Baueinheiten verknüpft sind. WATSON erzählt in seinem Buch, wie schwer das sein kann. Im folgenden Abschnitt wird eine erfolgreiche Strategie an einem anderen Beispiel erläutert. 5.   Struktur von Nanoclustern – Chemisches Wissen oder Evolution? Unter Umgebungsbedingungen sind Metalloxide feste Substanzen mit einer hochgeordneten kristallinen Struktur. Wir haben uns die Frage gestellt, welche Struktur ein Gasphasencluster der gleichen stöchiometrischen zusammensetzung MaOb annimmt, also (MaOb)n mit z. B. n = 2–240 anstatt n = ∞. An solchen Strukturen im Nanometer-Bereich besteht großes Inter - esse. Vanadiumpentoxid, V2O5, kristallisiert in Schichten. Innerhalb der Schichten ist jedes Vanadiumatom von fünf Sauerstoffatomen umgeben, die zu drei verschiedenen Typen gehören: terminale doppelt gebundene O(1)-Atome (Vanadylbindung), verbrückende O(2)-Atome und dreifach-koordinierte O(3)-Atome (Abb. 3). Für (V2O5)n-Cluster in der Gasphase haben wir die Energiehyperfläche mit einer Dichtefunktionalmethode berechnet und ausgehend von un- terschiedlichen Startstrukturen die Energieminimum-Struktur durch lokale Optimierung be- stimmt. Unter einer Vielzahl von Minimumstrukturen erwiesen sich reguläre Polyeder aus O=V(O-)4-Tetraedern (n = 2–5, 8, 10, 12) als die stabilsten (globale Minima) (VyBOISHCHIKOV Nova Acta Leopoldina NF 110, Nr. 377, 99–117 (2011) Joachim Sauer 106 6 Es ist deshalb wünschenswert, Näherungsmethoden für die Anwendung der Quantenmechanik zu entwickeln, die zu einer Erklärung der Haupteigenschaften komplexer atomarer Systeme ohne allzu viel Rechenaufwand führen.