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Nova Acta Leopoldina Band 110 Nummer 377

Auch im Falle der SiO2-Filme wurde ein für Oberflächen entwickelter genetischerAlgorithmus angewendet (SIERKA 2010), in dem nicht nur die Struktur, sondern auch die zusammensetzung der Oberflächenschicht variiert wird. Das Resultat ist ein zweidimensionales Phasendiagramm (SIERKA et al. 2006), welches die Stabilität verschiedener Oberflächenstrukturen mit unter- schiedlicher zusammensetzung als Funktion von Sauerstoffpartialdruck und Beladung der Oberfläche wiedergibt. Das führte zu der Voraussage, dass bei Erhöhung des Sauerstoffpar- tialdrucks ein sauerstoffreicherer hexagonaler Film verknüpfter Tetraeder vorkommen sollte. Es gelang dann im Experiment tatsächlich, die Bedingungen so zu variieren, dass diese Phase identifiziert werden konnte, und zwar durch eine Verschiebung der Infrarotbanden und das Auftreten einer dritten Komponente im Röntgen-Photoelektronenspektrum (XPS), die den vorausgesagten Sauerstoffpositionen in den Gräben der Mo(112)-Oberfläche unterhalb der SiO2-Schicht entspricht. 7.   Modelle der Quantenchemie Die zuverlässigkeit quantenchemischer Struktur- und Reaktivitätsvoraussagen hängt von den Näherungen ab, die bei der Lösung der Schrödingergleichung notwendigerweise angewendet werden. Dem Nobelpreisträger POPLE gelang mit dem Begriff „Quantenchemische Modelle“ (POPLE 1999) eine Klassifizierung der quantenchemischen Näherungsmethoden und ihrer Leis- tungsfähigkeit für verschiedene Klassen chemischer Verbindungen. Durch Anwendung auf Fälle, in denen die genaue Antwort bekannt ist, entweder aus zuverlässigen Experimenten oder aus hochgenauen Rechnungen, wird empirisches Wissen über diese Leistungsfähigkeit gewonnen. Grob kann man die Modelle der Quantenchemie8 wie folgt kategorisieren: – Semiempirische quantenchemische Verfahren (enthalten neben Näherungen empirisch be- stimmte Parameter), z. B. AM1, PM5, MNDO. – Modelle der Dichtefunktionaltheorie (DFT), spezifiziert durch Funktional/Basissatz. Wich- tigste Klassen von Funktionalen sind GGA-Funktionale („Generalized Gradient Approxi- mation“), z. B. BP86, BLyP, PBE, und Hybridfunktionale, z. B. B3LyP.Als Basisfunktionen kommen Gaußfunktionen (6-31G*, TzVP) oder ebene Wellen in Frage. Das für die Rech- nungen an den SiO2-Filmen (Abschnitt 6) verwendete Modell wäre durch „PW91/plane wave(PAW, 400 eV)“ zu beschreiben (TODOROVA et al. 2006), das für die Rechnungen am [(Al2O3)4] + durch „B3LyP/TzVP“.9 – Modelle der Ab-initio-Quantenchemie, die eine Wellenfunktion verwenden und Elektronen- korrelation einbeziehen, spezifiziert durch Methode/Basissatz, z. B. MP2/6-31G**, MP2/TzVP, CCSD(T)/cbs (cbs – complete basis set), Gaussian-3. Diese Modelle unter- Nova Acta Leopoldina NF 110, Nr. 377, 99–117 (2011) Joachim Sauer 112 8 Eine anwendungsorientierte Diskussion der Methoden und eine Erklärung der Akronyme findet man in CRAMER 2002. 9 Das [(Al2O3)4]+-Clusterion ist ein Beispiel dafür, dass sich berechnete Potentialenergieflächen selbst dann qua- litativ unterscheiden, wenn die zur Berechnung verwendeten quantenchemischen Modelle wenig verschieden sind. Der übergang vom Hybridfunktional zu einem GGA-Funktional BP86 und zu dem kleineren SVP-Ba- sissatz, um bei der Vielzahl lokaler Optimierungen im genetischen Algorithmus Rechenzeit zu sparen, führt zu einem globalen Minimum auf der „BP86/SVP“-Potentialfläche, welches nicht der beobachteten Struktur ent- spricht. Das belegt der Vergleich des berechneten Infrarotspektrums dieser Struktur (Abbildung 4, grün) mit dem experimentellen Spektrum (blau): Es stimmt noch schlechter überein, als das Spektrum der D3d-Struktur.