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Nova Acta Leopoldina Band 110 Nummer 377

quellen wie Grammatiken und Wissensbasen zum Gesprächsthema um eine Größenordnung verringert, um schließlich zu einem eindeutigen Verstehen im Gesprächszusammenhang zu kommen (vgl. Abb. 6). Die Berücksichtigung des Kontextes beim Sprachverstehen ist eine der wesentlichen Vor- aussetzungen für anspruchsvolle Anwendungen der Sprachtechnologie. Besonders deutlich wird dies beim automatischen Dolmetschen von Telefongesprächen, wie dies in einem An- wendungsszenario des Verbmobil-Systems für die Domäne der Reiseplanung realisiert wurde (vgl. WAHLSTER 2000). Das Wort „nächste“ muss bei der Übersetzung ins Englische für die Eingaben „Wann fährt der nächste Zug nach Halle ab?“ und „Wo befindet sich das nächste Hotel?“ im ersten Falle mit „next“ und im zweiten Kontext mit „nearest“ wiedergegeben wer- den, je nachdem, ob ein zeitlicher oder räumlicher Bezug besteht. Bei einer Wort-für-Wort- Übersetzung wäre dagegen kaum eine Verständigung möglich. Es muss zunächst die Eingabe inhaltlich im Diskurskontext verstanden werden, bevor in der jeweiligen Zielsprache versucht wird, die intendierte Bedeutung und das Äußerungsziel sprachlich umzusetzen. In Verbmobil werden mehrere Übersetzungsstränge parallel ausgewertet, wobei die Übersetzung aufgrund einer expliziten Bedeutungsrepräsentation im Sinne einer Dialogsemantik der quellsprachli- chen Eingabe die anspruchvollste, aber auch aufwendigste Methode ist. Abb. 7 Von der Spracheingabe zur Sprachausgabe in einem Dolmetschsystem Die Verarbeitungskaskade in Abbildung 7 ist eine starke Abstraktion von den real verwendeten Computermodellen, weil der Kontrollfluss nicht einfach linear verläuft, sondern in der Künst- lichen Intelligenz und Computerlinguistik komplexe Softwarearchitekturen entwickelt wurden, um effiziente Sprachdialogsysteme durch die wechselseitige Disambiguierung verschiedener Verarbeitungshypothesen zu realisieren. Bewährt hat sich z. B. eine sogenannte Multi-Nach- richtentafel-Architektur (vgl. Abb. 8), in der verschiedene Verarbeitungskomponenten lesend und schreibend auf gemeinsam verwendete Datenstrukturen unterschiedlicher Nachrichten- tafeln zugreifen können. Mit den Dingen sprechen: Autos, Roboter und Weinflaschen als Dialogpartner? Nova Acta Leopoldina NF 110, Nr. 377, 119–141 (2011) 127