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Nova Acta Leopoldina Band 110 Nummer 377

Im letzten Schritt wird das experimentell erhaltene Peptidmuster, das wegen der spezifischen Aminosäurefolge jedes einzelnen Proteins mit nur einem der theoretisch abgeleiteten über- einstimmen wird, mit all den theoretisch abgeleiteten verglichen. Damit ist mit Hilfe des Fin- gerabdrucks das gesuchte Protein identifiziert. Im sogenanten Proteomhochdurchsatzverfahren werden heute mit Hilfe eines automati- schen Robotersystems solche Proteine aus Gelen automatisch ausgeschnitten, verdaut und für die Massenspektrometrie vorbereitet. Mit derartigen Hochdurchsatzverfahren kann man meh- rere hundert Proteine am Tag identifizieren. Damit wird sehr anschaulich deutlich, dass erst die Genomsequenzierung die Proteomanalyse von heute ermöglicht hat. Neben der gelbasierten Proteomics hat sich in den vergangenen zwanzig Jahren insbeson- dere die gelfreie Proteomanalyse entwickelt. Nehmen wir an, dass die Spaltung eines Proteins 10 Peptide liefert, so würde die Spaltung von 100 Proteinen im Gemisch 1000 Peptide liefern. Mit der Entwicklung der Massenspektrometrie ist es nun möglich geworden, einzelne Peptide nach Auftrennung großer Peptidgemische über die sogenannte multidimensionale Chromato- graphie zu analysieren und ihre Masse bzw. auch in einem zweiten Schritt ihre Sequenz zu bestimmen. Damit gelingt die Identifizierung von Proteinen aus großen Proteingemischen, ohne dass sie vorher durch gelelektrophoretische Verfahren aufgetrennt werden müssen. Heute müssen wir feststellen, dass die gelfreie Proteomanalyse nicht nur wesentlich empfindlicher ist als die gelbasierte, sondern zudem bestimmte Klassen wie Membranproteine ausschließlich gelfrei analysiert werden können. Damit gehört zweifellos der gelfreien Proteomanalyse die zukunft. Dennoch gilt gerade für bakterielle Systeme, dass für physiologische Proteomana- lysen heute noch eine geschickte Kopplung gelfreier und gelbasierter Verfahren die Methode der Wahl bildet (siehe übersicht bei HECKER et al. 2008). 3.   Proteomics der Bakterien – Auf dem Wege zum Gesamtproteom einfacher Organismen Wegen ihrer geringen Komplexität – nur einige wenige Hundert verschiedene Proteine ma- chen ihr Leben aus – sind Bakterien ideale Modellorganismen für die physiologische Prote- omanalyse, um den Weg von der Genomsequenz über die Proteine schließlich bis zur Beschreibung und zum Verstehen grundlegender Lebensprozesse zu beschreiten. Dabei haben wir unsere umfassendste physiologische Proteomanalyse bei B. subtilis, dem Modellorganis- mus Gram-positiver Bakterien, durchgeführt. In jüngster zeit haben wir versucht, unsere Pro- teomexpertise von B. subtilis auf einen verwandten Organismus, Staphylococcus aureus, zu übertragen. Staphylococcus aureus ist ein in den Kliniken höchst gefürchtetes Bakterium als Erreger von einem Drittel der sogenannten Krankenhausinfektionen, bis hin zu sehr ernsten, lebensbedrohlichen Erkrankungen, etwa Endokarditis oder Sepsis. Dabei ist die drastische Entwicklung der Antibiotikaresistenzen gerade bei S. aureus eine wirkliche Bedrohung der Menschheit. Unsere Motivation oder Vision für diese Analysen besteht darin, mit Hilfe des Panoramablicks der Proteomanalyse zu einem umfassenden Verständnis grundlegender Le- bensprozesse des untersuchten Organismus zu gelangen, um ihn am Ende besser bekämpfen zu können. Wie bereits beschrieben, wird durch gelbasierte Proteomanalyse nur ein Teil der Proteome von Bakterien abgedeckt. Insbesondere hydrophobe Membranproteine – immerhin entfallen auf diese Klasse bis zu 30 % bakterieller Proteine – sowie Proteine, die in sehr geringen Kon- zentrationen vorkommen, lassen sich durch gelbasierte Proteomanalyse nicht darstellen. Daher Von der Proteomanalyse zur Systembiologie bakterieller Modellorganismen Nova Acta Leopoldina NF 110, Nr. 377, 143–165 (2011) 151