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Nova Acta Leopoldina Band 110 Nummer 377

men des SysMO-Programms des BMBF, koordiniert von Uwe VöLKER, Greifswald). In einem anderen Projekt steht die systembiologische Betrachtung des übergangs von Glucose zu einer alternativen C-Quelle, in diesem Fall Malat, im zentrum des Interesses (BaSysBio, Projekt im 6. Rahmenprogramm der EU, koordiniert von Philippe NOIROT, Paris). Mit Hilfe der Pro- teomanalyse sind wir in der Lage, die Mehrzahl der Proteine, die an den für eine systembio- logische Analyse ausgewählten Prozessen beteiligt sind, zu identifizieren und auch zu quantifizieren, wobei sich die zu messenden Prozesse meist auf ausgewählte zentrale Stoff- wechselleistungen beschränken, um die Komplexizität des Systems in überschaubaren Gren- zen zu halten. Mit Hilfe der sogenanntenAQUA-Technologie (absolute quantification) können wir sogar die Anzahl der Enzymmoleküle in der zelle berechnen. zu diesem zweck werden von ausgewählten „Eichproteinen“ Peptide abgeleitet und mit Hilfe von 15 N-markierten Ami- nosäuren synthetisiert. Die genau dosierten „schweren Eichpeptide“ werden gemischt mit einem nach Trypsinverdau erhaltenen Peptidgemisch, das das zum schweren Eichpeptid ge- hörende leichte Peptid enthält. Anhand der Peakintensitäten beider kann man aus der Menge des Eichpeptides die genaue Menge des leichten Peptids bestimmen. Mit dieser Technik lässt sich die absolute Menge der ausgewählten Eichproteine im Proteingemisch quantifizieren, wenn pro Eichprotein nicht nur ein Peptid, sondern möglichst mehrere vermessen worden sind. Parallel kann man das Proteingemisch durch 2D-Gelelektrophorese auftrennen und die Mehrzahl der getrennten Proteine relativ quantifizieren. Mit Hilfe der Eichproteine, deren Mo- lekülzahl pro zelle nunmehr bekannt ist, kann man dann für die im Gel relativ quantifizierten Proteine zu Proteinlisten gelangen, die absolute Werte (Proteinmoleküle pro zelle) enthalten. Mit diesem Ansatz wurde z. B. gefunden, dass zentrale Stoffwechselenzyme in Tausenden Kopien pro zelle vorliegen. An dieser Stelle sollte erwähnt werden, dass in jüngster zeit neue labelfreie Techniken zur absoluten Quantifizierung bakterieller Proteome eingesetzt worden sind, so von R. AEBERSOLD und Mitarbeitern für das Bakterium Leptospira interrogans (siehe MALMSTRöM et al. 2009). Daneben haben wir in Kooperation mit Rüdiger BODE aus Greifswald die enzymkineti- schen Konstanten der beteiligten Enzyme, diesmal auf Glykolyse und Tricarbonsäurezyklus beschränkt, ermittelt. Die Greifswalder Metabolomics-Gruppe um Michael LALK hat dazu quantitative Intermediate des C-Stoffwechsels bestimmt. Nach ersten Abschätzungen sind die gemessenen Werte aber zu niedrig, um den hohen Glucosedurchsatz wachsender zellen in der Glykolyse zu sichern. Das Problem ließe sich lösen, wenn man annimmt, dass die Enzyme nicht isoliert und zufällig verteilt im zytosol vorliegen, sondern „metabolic pathway“-Kom- plexe bilden, die den Vorteil hätten, die Intermediate nicht frei diffundieren zu lassen, sondern gezielt von Enzym zu Enzym im Komplex weiterzureichen und damit zu kanalisieren. Für ein solches „metabolic channeling“ würden wesentlich niedrigere zelluläre Intermediatkonzen- trationen ausreichen. Ein solches Prinzip ist nicht neu, wie die gut studierten und verstandenen Beispiele der nicht-ribosomalen Peptidsynthese oder die Synthese von Polyketidantibiotika eindrucksvoll zeigen. Man könnte sogar so weit gehen zu postulieren, dass der gesamte Stoff- wechsel einer zelle in Form solcher Enzymaggregate funktioniert. Erste Untersuchungen für B. subtilis aus der Gruppe um Jörg STüLKE in Göttingen mit dem Greifswalder Proteomlabor bestätigen, dass die Glykolyse tatsächlich in Form eines „Glykosoms“ abläuft, wodurch ein optimierter Stofffluss ermöglicht wird (COMMICHAU et al. 2009, Abb. 12). In einem neuen sys- tembiologischen Projekt sollen nun wieder unter Leitung von Uwe VöLKER aus Greifswald die Vorteile, die sich aus einer solchen Anordnung für die Stoffflüsse ergeben, berechnet, die Bildung der Enzymaggregate modelliert und auch strukturell sichtbar gemacht werden. Von der Proteomanalyse zur Systembiologie bakterieller Modellorganismen Nova Acta Leopoldina NF 110, Nr. 377, 143–165 (2011) 161