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Nova Acta Leopoldina Band 110 Nummer 377

4.   Das Zeitalter des Computers In den 1960er Jahren brach eine neue Periode in den Naturwissenschaften an. Neben den tra- ditionellen Säulen des wissenschaftlichen Frage- und Antwortspiels, Vorhersage durch ma- thematisierte Theorie und überprüfung durch das Experiment, kam die Computersimulation als drittes Standbein hinzu. Waren die Leistungsfähigkeiten der Computer in der Anfangszeit noch zu gering, um eine echte Alternative zu mathematischer Analyse und empirischer Un- tersuchung zu bilden, so änderte sich die Situation in den letzten beiden Jahrzehnten des 20. Jahrhunderts durch die enormen Steigerungen von Computerleistung und Speicherkapazität. Die numerische Modellierung ist heute ein vollwertiger Partner von Theorie und Experiment. Die Modellierung hat mehrere Aufgaben übernommen, und es ist naheliegend, ein paar Klas- sen von Computermodellen zu unterscheiden: – Computerrechnungen zur Kontrolle oder Erweiterung von mathematischen Modellen; – Modelle zur Berechnung von Ergebnissen, die nicht analytisch erhältlich sind; und – exploratorische Modelle. Die Rolle und die Bedeutung von Modellen der ersten Klasse sind naheliegend: Die mathe- matische Beweisführung ist oft so schwierig, dass eine Rückversicherung gewonnener Resul- tate durch numerische Berechnung sehr hilfreich ist. Ein berühmt gewordenes Beispiel ist das Vierfarbenproblem bei der Aufteilung einer Ebene in Flächen, wie es beispielsweise bei einer Landkarte mit verschieden gefärbten Ländern der Fall ist (GONTHIER 2008): Eine Landkarte ist so zu bemalen, dass aneinander grenzende Länder verschiedene Farben aufweisen, und es ist zu beweisen, dass niemals mehr als vier Farben dazu nötig sind. Trotz der Einfachheit der Fragestellung war der Beweis nur in einer Arbeit mit umfangreichem Einsatz eines Computers zur erschöpfenden Falldiskussion möglich (APPEL und HAKEN 1977). Mathematische Formulierungen von Sachverhalten besitzen oft einen Komplexitätsgrad, der eine rigorose mathematische Analyse sehr schwierig bis unmöglich macht. Als Illustra- tionsbeispiel sei die Erarbeitung von Lösungen der Schrödingergleichung für Moleküle in der theoretischen Chemie genannt. Paul DIRAC behauptete in seinem berühmten und oft kriti- sierten Statement: „[...] The underlying physical laws necessary for a large part of physics and the whole of chemistry are thus completely known, and the difficulty is only that the exact application of these laws leads to equations much too complicated to be soluble […]“ (DIRAC 1929). Wenn dies von vielen Chemikern auch als eine unnötig provokative Anmaßung eines Physikers interpretiert wurde, so bietet die Schrödingergleichung dessen ungeachtet heute einen wertvollen zugang zur Berechnung der Eigenschaften bekannter und unbekannter Mo- leküle. über Jahrzehnte hin entwickelten die theoretischen Chemiker Verfahren für numerische Näherungen zu den Lösungen der Schrödingergleichung und erreichten schließlich in den 1980er Jahren Genauigkeiten, welche mit den experimentellen Daten in der Chemie, insbe- sondere in der Molekülspektroskopie, konkurrieren konnten. Im Jahre 1998 wurde schließlich der Nobelpreis für Chemie an Walter KOHN und John POPLE vergeben, womit das neue Fach Mit Mathematik und Computer auf Entdeckungsreisen in der Evolutionsbiologie Nova Acta Leopoldina NF 110, Nr. 377, 167–211 (2011) 181 Stabilität. Parameterwahl: α = 0,1, β = 0,5, γ = 1,0 und δ = 1,0; Anfangsbedingungen, obere Lösungskurven: x(0) = y(0) = 0,2; Anfangsbedingungen, parametrische Darstellung: äußere Kurve x(0) = y(0) = 0,5, mittlere Kurve x(0) = y(0) = 0,2 und innere Kurve x(0) = y(0) = 0,1. Durch Verfeinerungen des Modells erhält man asymptotisch stabile Lösungen (HOFBAUER und SIGMUND 1998).