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Nova Acta Leopoldina Band 110 Nummer 377

das Kopieren der Vorlage. Der Kopiervorgang kann eine fehlerlose Kopie (Xi) oder eine Mu- tante (Xj,j≠i) produzieren. Die Evolution einer Population durch Replikation und Mutation wird durch eine Differentialgleichung, die Mutations-Selektionsgleichung beschrieben, welche un- mittelbar aus der Selektionsgleichung durch Einführen von Mutationshäufigkeiten folgt (EIGEN 1971): mit , [12] wobei Qji die Häufigkeit bezeichnet, mit welcher der Genotyp Xj durch eine fehlerhafte Replikation des Genotyps Xi gebildet wird. Korrekte Replikation und Mutation sind parallele chemische Reaktionen, und da einsichtiger Weise jede Kopie entweder fehlerfrei oder fehlerhaft sein muss, gilt die Beziehung: . Die anderen Größen sind in ihrer Bedeu- tung unverändert. Auch an dem Term φ(t), welcher den zuwachs der Population kompensiert, hat sich durch Einführen der Mutationen nichts geändert, und er entspricht nach wie vor der mittleren Fitness der Gesamtpopulation. Die mathematische Analyse der Mutations-Selek- tionsgleichung ist nicht schwierig (THOMPSON und MCBRIDE 1974, JONES et al. 1976): Alle Mutationshäufigkeiten sind per definitionem positive Größen10 , 0 < Qji < 1, und alle Fitness- parameter fi sind nicht-negative zahlen, und daher sind die Bedingungen für die Gültigkeit des Theorems von PERRON und FROBENIUS (SENETA 1981) erfüllt. Durch – praktisch immer numerisches – Lösen eines Eigenwertproblems (EIGEN et al. 1989) können mit Hilfe des Com- puters Lösungen xj(t) berechnet werden. Aus dem n-dimensionalen Eigenwertproblem erhält man n Eigenvektoren ξk(t), aus denen die Lösungskurven xj(t) durch lineare Kombination er- halten werden. Jedem Eigenvektor entspricht ein Eigenwert λk, wobei mehrere Eigenvektoren zu ein und demselben Eigenwert gehören können. Ist dies der Fall, spricht man von Entartung des Eigenwertes. Die Gültigkeit des Perron-Frobenius-Theorems hat für die Gestalt der Ge- samtheit der Lösungen, welche die Entwicklung der Population beschreibt, entscheidende Be- deutung. Die für die Biologie wichtigsten Ergebnisse sind: – Der größte Eigenvektor, ξ0(t), des Eigenwertproblems hat ausschließlich positive Kompo- nenten, wie dies von (relativen) Konzentrationen verlangt werden muss; und – der größte Eigenwert, λ0, der zum größten Eigenvektor ξ0(t) gehört, ist nicht entartet, wo- durch die Eindeutigkeit der Lösung der Differentialgleichung garantiert ist. Es gilt daher λ0 > λ1 ≥ λ2 ≥ λ3 ≥ …, und dies bedeutet, dass die Population nach einiger Zeit gegen den größten Eigenvektor konvergiert, denn es gilt für t hinreichend groß: exp(λ0 t)» exp(λ1 t) ≥ exp(λ2 t) ≥ exp(λ3 t) ≥ … . der Eigenvektor ξ0(t) bildet daher die langzeitlösung der Selektions-Mutationsgleichung und beschreibt die stationäre Verteilung der Mutanten in der Population. Mit Mathematik und Computer auf Entdeckungsreisen in der Evolutionsbiologie Nova Acta Leopoldina NF 110, Nr. 377, 167–211 (2011) 187 10 Die biologische Bedingung für positive Mutationshäufigkeiten besteht darin, dass es eine – wenn auch noch so kleine – von Null verschiedene Wahrscheinlichkeit gibt, um in einem Replikationsschritt von einer beliebigen Sequenz Xi zu einer anderen Sequenz Xj zu kommen. Die Resultate der mathematische Analyse gelten aber auch für die schwächere Bedingung, dass die Produktion von Xj an der Vorlage Xi über eine endliche zahl von zwi- schenstufen erfolgt: Xi → X1→ X2 → X3 → … → Xj. ! dxj dt = Qji fixi " xjj t( )i=1 n # ! j t( ) = fixii=1 n " ! Qji = 1 j =1 n "