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Nova Acta Leopoldina Band 110 Nummer 377

len; das Wichtigste und für die psychologische Forschung durchaus erfüllbar ist die Forderung nach Fruchtbarkeit. In Modellen wird jeweils eine neue Perspektive auf einen Sachverhalt er- öffnet, und so können Modelle aus verschiedenen Kontexten fruchtbar für die Entwicklung einer möglichen Taxonomie sein. Welches sind also Modelle in der Psychologie, mit denen man sich befasst oder denen man auch ausgeliefert ist, indem man manchmal gar nicht hinterfragt, dass man tatsächlich in dem Kontext eines bestimmten Modells arbeitet? Im Folgenden sei auf mehrere Modelle einge- gangen, die teilweise historisch sind, aber dennoch in manchen Denkumgebungen die wis- senschaftliche Arbeit bestimmen, für manche bei der Erklärung des Seelenlebens sogar allein bestimmend sind. Natürlich kann hier der Bezug zu diesen Denkmodellen in den meisten Fäl- len nur stichwortartig sein, wobei die am Schluss Genannten von den Autoren bevorzugt wer- den, da in ihnen die Grundlagen einer möglichen Taxonomie vermutet werden. 2.   Philosophische Modelle Die psychologische Forschung bleibt eingetaucht in ihre philosophische Tradition, wobei für das Verstehen zwei alternative Modelle eine entscheidende Rolle spielen, die als das „Leib- Seele-Problem“ bezeichnet werden, nämlich der Monismus und der Dualismus (PöPPEL 2006). Erklärt sich das Mentale aus einem einheitlichen Prinzip, also monistisch, oder muss man zwei verschiedene Substanzen annehmen, das Geistige und das Körperliche, die im Men- schen, vermutlich im Gehirn, interagieren oder zusammengeführt werden? Wird also gleich- sam Geistiges von unserem Gehirn eingefangen, wie es die dualistische Position annimmt, oder wird Geistiges unmittelbar durch neuronale Prozesse erzeugt? In der Tradition psycho- logischen Denkens bezieht man sich hier auf René DESCARTES (1637), der als Dualist zwi- schen der „res extensa“, dem Körperlichen also, und der „res cogitans“, dem Geistigen, unterschied. Es ist aus der Alltagspsychologie heraus bemerkenswert, dass wohl die meisten Menschen Dualisten sind, auch wenn man auf einer wissenschaftlichen Ebene argumentierend ein Monist sein müsste, und es ist auffällig, dass das dualistische Denken in der Medizin, speziell in der medizinischen Diagnostik und der Therapie, bestimmend ist, dass also Psy- chisches und Somatisches kategorial voneinander getrennt sind, ohne dass dies üblicherweise hinterfragt wird. Denkansätze wie das Leib-Seele-Problem haben die unangenehme Eigenschaft, im Prinzip nicht überprüfbar zu sein, da die Nicht-Existenz von Sachverhalten, in diesem Fall eines re- lationalen Bezuges zwischen zwei angenommenen Substanzen, nicht beweisbar ist. Dennoch neigen die Autoren zur monistischen Position, und zwar in der besonderen Form eines prag- matischen Monismus oder auch empirischen Realismus. Der Grund hierfür ist einfach, obwohl diese Grundposition auf logischer Ebene wiederum nicht beweisbar ist: Es lässt sich nämlich empirisch zeigen, dass jede mentale Funktion, die sich bestimmen lässt, auf Grund von Stö- rungen oder Schädigungen des Gehirns verloren gehen kann. Die interindividuelle Konstanz von beobachtbaren Ausfällen, dass also beispielsweise Wahrnehmungsfunktionen, Erinne- rungsleistungen, emotionale Wertungen, Denkfunktionen bei Erkrankungen verloren gehen können, ist entscheidend für die Position des empirischen Realismus. Die Störung der Funktion betrachten wir als ihren Existenzbeweis, und da die Störung an Strukturen des Gehirns, besser an raumzeitliche Muster neuronaler Prozesse gebunden ist, leitet sich hieraus der pragmatische Monismus ab. Käme das Psychische aus einem anderen Bereich, der nicht mit dem Gehirn Nova Acta Leopoldina NF 110, Nr. 377, 213–233 (2011) Ernst Pöppel und Eva Ruhnau 216