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Nova Acta Leopoldina Band 110 Nummer 377

verbunden wäre, könnte es nicht verloren gehen.2 Den Autoren ist bewusst, dass eine Argu- mentation komplizierter sein kann, dass also nach einer Störung des Gehirns die Verbindung zu bestimmten Strukturen abgeschnitten ist, dass das Psychische die relevante und vielleicht noch intakte Struktur im Gehirn nicht mehr findet, doch auch dies wäre ein dualistisches Ar- gument. Bemerkenswert in der psychologischen Forschung ist, dass man es häufig mit impliziten dualistischen Denkweisen zu tun hat, dass also gar nicht bewusst wird, dass eine gedankliche Trennung zwischen dem Geistigen und dem Körperlichen vorgenommen wurde. So kann man feststellen, dass bei funktionalistischen Modellen, in denen es gleichgültig ist, wie Psy- chisches implementiert wird, eine dualistische Position eingenommen wird. Wenn man ar- gumentiert, wie im Rahmen der klassischen „Künstlichen-Intelligenz-Forschung“ geschehen, dass es möglich ist, Psychisches in Artefakten zu realisieren, den Geist gleichsam auf eine Festplatte eines Computers herunterzuladen, dass Psychisches also nicht an das menschliche Gehirn gebunden ist, dann handelt es sich um die erkenntnistheoretische Position des Dua- lismus (SEARLE 1992). Als pragmatischer Monist geht man von dem wirklichen menschlichen Gehirn aus, nicht von einer beliebigen technischen Möglichkeit einer Implementierung. Ein versteckter Dualismus kann auch dann vorliegen, wenn man unausgesprochen einen „Geist in der Maschine“ vermutet, der dafür sorgt, dass nach einem Top-down-Prozess bei psy- chischen Prozessen räumlich im Gehirn Getrenntes, also Unverbundenes miteinander so ver- bunden wird, dass die Einheit des Bewusstseins möglich wird. Wer oder was verbindet? Dies bleibt häufig als Frage im Hintergrund, der man nicht aus dem Wege gehen darf, die aber häufig umgangen wird. Bei der Suche nach einer möglichen Taxonomie gehen wir von einer pragmatisch monis- tischen oder empirisch begründeten Position aus. Dies hat auch Konsequenzen dafür, welchem wissenschaftlichen Bereich man die Psychologie eigentlich zuordnen will. Geht man von einem Monismus aus, dann gehört die Psychologie zu den Naturwissenschaften; eine dualis- tische Position würde die Psychologie in die Geisteswissenschaften eingliedern. Mit diesem andersartigen „Dualismus“, der bedingt ist durch eine fehlende Taxonomie, hat die Psychologie in der Tat zu kämpfen, was ihre Außendarstellung betrifft: Andere wissen nicht so recht, womit man es eigentlich zu tun hat, denn manche Vertreter sehen sich eher dem naturwissenschaft- lichen, andere eher dem geisteswissenschaftlichen Lager zugehörig. Hiermit ist keine Wertung vollzogen, sondern es soll gezeigt werden, dass eine erkenntnistheoretische Position darüber entscheidet, welches Menschenbild eine Wissenschaft im Gesamtkonzert der Wissenschaften vertritt. Während das erkenntnistheoretische Modell als philosophisches Modell in der Psychologie von grundlegender Bedeutung ist, gibt es jedoch weitere aus der Philosophie kommende Mo- delle, die die Forschung bestimmen, vor allem die kategorialen Modelle. Seit Anbeginn phi- losophischen Denkens im westlichen Kulturkreis hat die Klassifikation des Geistigen eine zentrale Rolle gespielt, und diese Klassifikationen bestimmen unser Denken bis heute. Viel- leicht war PLATO der Erste, der mit der Formulierung von fünf Kategorien das Geistige zu ord- nen versuchte; er unterschied das Seiende, Ruhe, Bewegung, Selbigkeit und Verschiedenheit. Mit diesen Kategorien klingen Konzepte an, die in der modernen Forschung über das mensch- liche Bewusstsein wesentlich sind: Es ist immer ein „Etwas“ in seiner Identität, das im Be- Psychologie als eine auf Modelle angewiesene Angelegenheit ohne Taxonomie – eine Polemik Nova Acta Leopoldina NF 110, Nr. 377, 213–233 (2011) 217 2 LURIA 1973, NAUTA und FEIRTAG 1986, PöPPEL und BAO 2010, TEUBER 1960, zIHL et al. 1983.