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Nova Acta Leopoldina Band 110 Nummer 377

– Das Protein bindet Serotonin. – Das Protein ist am programmierten zelltod beteiligt. – Das Protein ist in der zellmembran lokalisiert. – Das Protein ist lebenswichtig (ist es nicht präsent, so stirbt der Organismus). – Das Protein spleißt unter Verbrauch von ATP und Bindung von Mg2+ -Ionen DNA-Stränge (DNA-Ligase). Nur die fünfte Aussage beschreibt präzise die molekulare Funktion des Proteins. Die dritte Aussage beschreibt lediglich die Lokalisierung des Proteins, ist also eine Ortsangabe, die aber funktionelle Aspekte (Kommunikation, Transport von Molekülen) nahelegt. Die zweite Aus- sage beschreibt den größeren funktionellen Kontext, aber nicht die genaue molekulare Funk- tion. Die erste Aussage identifiziert lediglich einen Bindungspartner, beschreibt aber nicht die molekulare Funktion des Proteins. Die vierte Aussage schließlich ist eine ganz grobe phäno- typische Charakterisierung, die aus einem Knock-out-Experiment resultiert. Im Folgenden beschreiben wir die Modellierungsmethoden, die zur Analyse von Proteinen verwendet werden, die durch ihre Proteinkette gegeben sind. 2.2.1 Proteinstrukturvorhersage Wie bereits erwähnt, nehmen Proteine die Struktur an, bei der die freie Energie minimiert wird. Die Menge aller möglichen Proteinstrukturen kann als ein hochdimensionaler Raum aufgefasst werden. Abbildung 8 illustriert dies schematisch, wobei nur zwei Koordinaten S1 und S2 als die Proteinstruktur bestimmend angenommen werden. (In der Realität wird die Pro- teinstruktur durch je drei Koordinaten der Positionen von vielen 1000 Atomen bestimmt.) Die E-Koordinate gibt die freie Energie der jeweiligen Proteinstruktur an. So entsteht eine kom- plexe Energielandschaft. Das Protein nimmt die Struktur an, die dem tiefsten Tal (hier blau gefärbt) in der Energielandschaft entspricht. In Abbildung 8 gibt es zwei Proteinstrukturen ähnlich niedriger tiefer Energien, zwischen denen bei geeigneter Energiezufuhr ein übergang stattfinden kann. So etwas geschieht z. B. bei allosterischen Proteinen, die ihre Struktur ver- ändern können – etwa durch Bewegung zweier Domänen nach Art eines Scharniergelenks. Im Allgemeinen ist die Energielandschaft hochkomplex und enthält viele Minima mit ganz ähnlichen Energien, die aber weit über den Proteinstrukturraum verteilt sein können. Die Auf- gabe, das globale Minimum zu bestimmen, ist theoretisch fassbar, d. h., wir kennen die ihr zugrundeliegenden Naturgesetze. Durch die Komplexität der Energielandschaft ist sie jedoch praktisch nicht zu berechnen. Dies ist ein konkretes Beispiel für eine Situation, in der allein durch naturwissenschaftliche Modellierung keine Lösung erreicht werden kann. In dieser Situation bedient man sich der vergleichenden Analyse, um die Region einzu- grenzen, in der das globale Minimum der Energiefunktion liegt. Dies geschieht, indem man eine Datenbank von Proteinen, deren Struktur bereits bekannt ist, auf ähnlichkeit zu dem zu modellierenden Protein durchforstet, das in diesem zusammenhang zielprotein genannt wird. Die ähnlichkeit zwischen zwei Proteinketten wird durch ein sogenanntes Alignment mani- festiert, d. h. einer Gegenüberstellung der beiden Proteinketten, die die entsprechenden Ami- nosäuren miteinander paart (Abb. 9). Das mit dem zielprotein alignierte, in seiner Struktur bekannte Protein dient hier als Struk- turvorlage und wird daher auch Templatprotein genannt. Dieses Alignment führt in einfacher Weise zu einer Anfangsstruktur für das Modell des zielproteins. Die Proteinkette des Tem- Wie funktioniert das Leben? Nova Acta Leopoldina NF 110, Nr. 377, 11–44 (2011) 23