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Nova Acta Leopoldina Band 110 Nummer 377

gen der rechten versus linken Hand). Die so gewonnenen Kalibrationssignale erlauben es, die Datenanalyse an die spezifischen Hirnsignale des Nutzers anzupassen. Damit markierte das BBCI einen fundamentalen Paradigmenwechsel (BLANKERTz et al. 2003, DORNHEGE et al. 2007): Nicht der Nutzer, sondern die Maschine lernt (Motto „Let the machines learn“). Durch dieses Vorgehen wurde insbesondere die Startphase der BCI-Benutzung deutlich beschleunigt und gleichzeitig die Informationsübertragungsrate erhöht. Aufgrund der hohen Variabilität der Hirnsignale der Nutzer (BLANKERTz et al. 2006, DORNHEGE et al. 2007 und Abschnitt 2) ist eine Anpassung an den Benutzer von zentraler Wichtigkeit für hohe BCI-Performanz. Nach dem Kalibrationsschritt, welcher im Vergleich zum klassischen Ansatz des operanten Konditionie- rens nur sehr kurz ist, kann das BCI-Experiment mit geschlossener Rückkopplungsschleife (BCI online feedback) beginnen. In dieser Phase des Experimentes kann der Nutzer Kraft seiner Gedanken verschiedenste Anwendungen steuern. Das BCI-System besteht aus einem Klassifi- kator, der gelernt hat, zwischen mentalen zuständen zu unterscheiden, und einer Steuerlogik, die die Klassifikatorausgabe in ein Steuersignal umwandelt, z. B. in eine Cursor-Position oder in die Auswahl eines Symbols aus dem Alphabet (siehe auch Abb. 11 ). Durch die simultaneAktivität vieler für die Dekodierung relevanter Hirnquellen und diverser nichtrelevanter Hirnquellen2 ist es eine zentrale Herausforderung, dekodierbare Komponenten der Hirnsignale im einzelnen Trial zu finden. Es kann nicht, wie sonst üblich, über mehrere Trials gemittelt werden, da ein BCI in Echtzeit dekodieren muss, um die Informationsübertra- gungsrate nicht empfindlich herabzusetzen. zur Kompensation der fehlenden zeitlichen Mitte- lung erfolgt eine Vielkanalmessung der Hirnaktivität. Die dadurch verfügbare multivariate Mehrinformation kann in intelligenter Weise – z. B. durch gewichtete räumliche Mittelung – zur Verbesserung des Signal-Rausch-Abstandes ausgenutzt werden. Da Effekte der Volumen- leitung die Messung verfälschen, zeigen alle EEG-Kanäle eine hohe Korrelation (vgl. NUNEz et al. 1997). Man spricht von einem cerebralen Cocktailparty-Problem, das es zu lösen gilt (DORN- HEGE et al. 2007). Die überlagerten elektromagnetischen Signale müssen ‚invertiert‘ werden, mit anderen Worten, es ist notwendig, zurückzurechnen, was die Aktivität einzelner Quellen ist, insbesondere der Quellen, die den zu dekodierenden Hirnzustand repräsentieren. Idealerweise extrahiert man die lokalisierte Quelleninformation mit einem hohem Signal-zu-Rausch-Verhält- nis durch spezifisch konstruierte raum-zeitliche Filter (BLANKERTz et al. 2008b). Bei der Nutzung von EKPs wie BP oder Fehlerpotentialen können die Merkmale einer Quelle meist recht einfach durch lineare Methoden extrahiert werden. In diesem Falle kann das zu inferierende räumliche Filter implizit innerhalb eines Klassifikationsschrittes ausgeführt werden.3 zur Detektion von SMR ist die notwendige Analyse in der Regel nichtlinear, da beispiels- weise die Bandenergie berechnet wird. Für diesen Fall ist es sehr nützlich, zuerst zu filtern. Für das BCI finden einfache Laplacefilter (NUNEz et al. 1997), unüberwachte Techniken wie Independent-Component-Analyse (ICA) (HyäRINEN et al. 2001, zIEHE et al. 2000), modelba- sierte Methoden (GROSSE-WENTRUP et al. 2007) sowie überwachtes Lernen wie Common-Spa- tial-Pattern(CSP)-Analyse (BLANKERTz et al. 2008b) Anwendung. Im Weiteren werden wir Nova Acta Leopoldina NF 110, Nr. 377, 235–257 (2011) Klaus-Robert Müller, Benjamin Blankertz, Michael Tangermann und Gabriel Curio 242 1 In diesem Bild geht es um Kommunikation mittels BCI. Etwas anders gelagert ist die Situation, in der das BCI als Messinstrument eines möglicherweise komplexen kognitiven Hirnzustandes (z. B. Konzentrationsmangel, Emotion, workload) eingesetzt wird – hier ist die Kalibration nichttrivial (siehe auch Abschnitte 5.3 und 5.4). 2 Im Weiteren oft als Rauschen bezeichnet. 3 Da die linearen Verarbeitungsschritte Filtern und Klassifikation vertauschbar sind.