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Nova Acta Leopoldina Band 110 Nummer 377

Gewebebereich zu segmentieren. Der Kontrast des Bildes hängt aber stark vom Bildgebungs- prozess ab, und ein Objekt wie die Läsion oder das thermisch zerstörte Gewebe kann größer oder kleiner wirken, je nach Abhängigkeit von der zeitlichen Dynamik des verwendeten Kon- trastmittels. Somit kann die nicht-invasive Bildgebung nur ein diffuses Bild der Läsion und des Therapieerfolges liefern. Es bleibt eine Unsicherheit unbekannter Größe, die das Sicher- stellen des Therapieerfolgs problematisch macht. Im Sinne des Patienten muss eine Indikation des erzielbaren Ergebnisses bei der RF-Ab- lation schon vor der Therapie, spätestens jedoch bei deren Durchführung, vorliegen. Wieder- holte Anwendungen des Verfahrens, wie sie in technischen Bereichen erfolgen könnten, um einen Erfolg zu erzielen, sind ethisch zweifelhaft und im Allgemeinen unerwünscht. Anderer- seits ist eine überwachung des Verlaufs der thermischen zerstörung während der Behandlung nicht breit verfügbar. Temperaturmessungen können zwar mittels MR-Thermometrie durch- geführt werden. Dieses Verfahren befindet sich aber noch in der Entwicklungsphase und ist nicht in der klinischen Routine anwendbar. Tatsache ist, dass mit der RF-Ablation eine vollständige zerstörung eines Tumors analog zur R0-Resektion schwer zu erreichen ist. Der Hauptgrund hierfür sind Blutgefäße in der Um- gebung des Applikators. Diese führen zu einem Abtransport der eingeführten Energie – also zu einem Kühleffekt, der die thermische zerstörung kleiner ausfallen lässt, als gewünscht. Tu- more nahe von Blutgefäßen sind daher schwer zu zerstören. Klinische Studien zur RF-Ablation belegen Rezidivraten von bis zu 60 % (KIM et al. 2006). zudem wird vermutet, dass bei der unvollständigen zerstörung eines Tumors die verbleibenden zellen ein aggressiveres Wachs- tum zeigen und resistenter bei folgenden thermischen Therapien sind (MOSSER et al. 1997). Tatsächlich werden während einer RF-Ablation in der Randzone der Koagulation sogenannte Heat-Shock-Proteine (HSP) erzeugt. In der Literatur wird vermutet, dass diese erhöhten HSP- Werte zu einer kürzeren tumorfreien überlebenszeit führen und auch die zellen vor einem späteren Hitzetod schützen (MULIER et al. 2007). Die Ausführungen in den vorangehenden Paragraphen motivieren unsere Arbeit an der computergestützten Planung, Durchführung, Verfolgung und Nachkontrolle der RF-Ablation. Das ziel unserer Arbeit ist – die Entwicklung von mathematischen und biophysikalischen patientenindividuellen Mo- dellen zur Analyse und Simulation der RF-Ablation, – einen klinisch anwendbaren Softwareassistenten bereitzustellen, der die Planung der RF- Ablation unterstützt. Das zweite ziel zu erreichen ist besonders wichtig für den praktischen und klinischen Nutzen der Forschung. Was dies bedeutet, wird an einem Beispiel deutlich: Freilich würden CT- oder MRT-Bildgebungsverfahren heutzutage in der klinischen Routine nicht verwendet werden, wenn sie so komplex wie die zugrundeliegenden physikalischen Prozesse und mathemati- schen Algorithmen wären. Im Gegenteil: Tomographische Bildgebung ist heutzutage fast so einfach wie die Bildaufnahme mit einer Digitalkamera. Deshalb ist das ultimative ziel der mathematischen Modellierung und Simulation in der Medizin, Modelle und Simulationen so einfach anwendbar wie irgend möglich zu machen. Diese Entwicklungen treffen auf viele anspruchsvolle Aufgaben, die von Problemen der Kommunikation mathematischer Simula- tionsergebnisse an ärzte bis hin zu Fragen der Validierung der Modelle und Simulationen reichen. Nova Acta Leopoldina NF 110, Nr. 377, 259–283 (2011) Heinz-Otto Peitgen, Horst Hahn und Tobias Preusser 274