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Nova Acta Leopoldina Band 110 Nummer 377

Das Problem der Strukturvorhersage ist bei RNA ähnlich gelagert wie bei Proteinen. Aller- dings können die hierbei verwendeten vergleichenden Methoden auf wesentlich geringere Daten zurückgreifen und sind daher weniger effektiv. Die Struktur- und Funktionsvorhersage von (katalytischer) RNA ist auch weniger relevant als bei Proteinen (MAJOR und THIBAULT 2007). Neben der katalytischen Funktion hat RNA, wie in den letzten 10 Jahren deutlich wurde, vor allem vielfältige Funktionen bei der zellregulation, die durch das Stichwort „RNA-In- terferenz“ umschrieben werden. Um solche Funktionen aufzuklären, sind makromolekulare Bindungspartner von kurzen RNA-Sequenzen zu bestimmen. Das entsprechende Forschungs- gebiet erfährt derzeit eine Blüte (MENDES et al. 2009). Die zugrundeliegenden Methoden be- dienen sich hauptsächlich des Paradigmas der vergleichenden Analyse. Bei den bei dieser Forschung ebenfalls anfallenden Strukturanalysen der RNA-Moleküle findet jedoch auch das Paradigma der Energieminimierung Verwendung. 3.   Die Wechselwirkungen Bis jetzt haben wir nur einzelne Moleküle in unsere Analyse einbezogen. In diesem Abschnitt wollen wir Methoden diskutieren, die Bindevorgänge zwischen biologischen Molekülen mo- dellieren. Die Modellierung der Bindung von zwei Molekülen im Computer wird auch als molekulares Docking bezeichnet. Wir unterscheiden wieder verschiedene Klassen des Pro- blems, die für Modellierungsansätze verschiedene Voraussetzungen bieten. – Protein-Ligand-Docking: Hierbei handelt es sich um ein Bindeereignis zwischen einem Protein und einem kleinen Molekül.8 Dieses Problem hat besondere Relevanz, weil Kandi- daten für Wirkstoffe (z. B. Medikamente) hauptsächlich kleine Moleküle sind. Methoden des Protein-Ligand-Dockings ermöglichen das schnelle Durchforsten von großen Daten- banken von Wirkstoffen zur Suche nach Kandidaten, die an ein bestimmtes Protein, das auch hier wieder „zielprotein“ genannt wird, fest binden. Die Beeinflussung, meistens Blockie- rung, eines bestimmten zielproteins durch einen Wirkstoff ist die Basis für die meisten me- dikamentösen Therapien. Ist die Struktur des zielproteins bekannt, so kann die Analyse der Bindungsstärke zwischen Wirkstoff und Protein auf der Basis der Strukturen der beiden Moleküle vorgenommen werden. Dabei muss das kleine Wirkstoffmolekül in der Regel als strukturell hochflexibel angesehen werden (ähnlich wie ein Mobile), während das Protein in erster Regel als strukturell starr betrachtet werden kann. Methoden, die das Protein-Ligand- Docking unter diesen Voraussetzungen in wenigen Sekunden pro Wirkstoffmolekül vorneh- men können, sind seit gut 10 Jahren verfügbar. Die heutige Herausforderung des Gebietes ist, von der Annahme der Starrheit des Proteins abzugehen, denn das Protein verhält sich beim Bindevorgang eingeschränkt flexibel – etwa wie ein Schuh, in den ein Fuß schlüpft. Dieses Phänomen wird als Induced Fit bezeichnet.9 Die Methoden des Protein-Ligand-Do- cking basieren auf Analysen von Bewertungsfunktionen, die versuchen, die energetischen Nova Acta Leopoldina NF 110, Nr. 377, 11–44 (2011) Thomas Lengauer 28 8 Der Begriff „Ligand“ bezeichnet eigentlich einen beliebigen molekularen Bindungspartner, wird in der entspre- chenden Literatur jedoch spezifisch auf kleine Bindungspartner eingeschränkt. 9 Ein Video des Induced Fit beim Protein Hexokinase ist zu finden bei http://www.chem.ucsb.edu/~molvisual/mo- vies.html (vgl.: Clip auf DVD → LENGAUER→ Hexokinase).