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Nova Acta Leopoldina Band 110 Nummer 377

Verhältnisse des Molekülkomplexes nachzubilden. Diese Bewertungsfunktionen sind bis heute noch unzureichend, was dazu führt, dass Dockingprogramme eine relativ hohe Feh- lerquote von 20–30 % haben.10 Die Verbesserung der Bewertungsfunktion bleibt eine große Herausforderung im Bereich des Protein-Ligand-Dockings. Sie ist eine spezielle Ausprägung des Skalierungsproblems naturwissenschaftlicher Methoden bei der Analyse biologischer Systeme, das im einführenden Abschnitt beschrieben wurde (RAREy et al. 2007). – Protein-Protein-Docking: Hier sind beide Bindungspartner Proteine. Diese Variante des Problems kommt nicht bei der Wirkstoffsuche zum Einsatz, da Wirkstoffe vornehmlich kleine Moleküle sind. Die Kontaktflächen zwischen den beiden bindenden Molekülen sind hier in der Regel größer als beim Protein-Ligand-Docking. Die energetischen Verhältnisse sind delikater – Wirkstoffe binden in der Regel sehr fest an ihre zielproteine, während Pro- tein-Protein-Wechselwirkungen häufig transient sind und wieder aufgelöst werden können müssen. Die verwendeten Methoden sind auch hier wieder hauptsächlich eine heuristische Bewertung der energetischen Verhältnisse des molekularen Komplexes verbunden mit einer angemessenen Durchmusterung des (sehr großen) Raumes der strukturellen Möglichkeiten beider Moleküle. Der Induced Fit spielt beim Protein-Protein-Docking eine ganz wesentliche Rolle. Die entsprechenden Dockingprogramme dienen weniger der Wirkstoffsuche, sondern werden vor allem in der biologischen Grundlagenforschung eingesetzt. Sie sind daher nicht so weit verbreitet wie Protein-Ligand-Dockingprogramme. Ist der Bindungspartner des Pro- teins DNA oder RNA, so ergeben sich Modifikationen des Protein-Protein-Docking-Pro- blems. zum einen wird etwa die Struktur von Proteinen im Ribosom, die umfänglich von strukturell irregulärer RNA umgeben sind, durch diese RNA stark geprägt. Die entsprechen- den Komplexstrukturen können bis heute nicht zuverlässig berechnet werden. zum anderen kann die strukturelle Regularität von DNA als Bindungspartner zur Anpassung der Model- lierungsmethoden ausgenutzt werden (HILDEBRANDT et al. 2007). Bisher haben wir Methoden diskutiert, die versuchen, die Struktur des molekularen Komplexes zwischen dem Protein und seinem Bindungspartner möglichst genau zu berechnen und die freie Bindungsenergie möglichst genau abzuschätzen. Dabei lag beim Protein-Ligand-Docking der Fokus auf einer kurzen Laufzeit, um das Durchmustern großer Wirkstoff-Datenbanken zu er- möglichen. Beim Protein-Protein-Docking geht es in der Regel nur um einen Bindungspartner, und man kann mehr zeit auf die Analyse eines einzelnen Liganden verwenden. In beiden Fällen wird jedoch nur das Resultat der Bindung, nämlich der entsprechende molekulare Komplex, berechnet. Der Bindungsvorgang selbst wird in seiner zeitlichen Entwicklung nicht simuliert. Die Simulation der zeitlichen Entwicklung eines Bindungsvorganges oder einer durch ein Protein katalysierten chemischen Reaktion wird im Prinzip durch Molekulardynamikverfahren ermöglicht. Bei diesen Verfahren wird auf der Basis eines Modells der klassischen Physik (im Gegensatz zur Quantenmechanik) die Bewegung eines molekularen Ensembles auf der Basis von Kräftegleichungen simuliert. Die zugrundeliegenden numerischen Kräftemodelle heißen auch Kraftfelder. Molekulardynamikverfahren sind generell einsetzbar, um molekulare Be- wegungen zu simulieren, so etwa auch die Permeation von Wasser durch eine Membran11 . Wie funktioniert das Leben? Nova Acta Leopoldina NF 110, Nr. 377, 11–44 (2011) 29 10 Dockingprogramme sind dennoch in der pharmazeutischen Industrie weit verbreitet, denn sie ermöglichen eine Anreicherung von relativ kleinen Mengen von Molekülen (und zwar solchen, denen das Dockingprogramm die größte Bindungsstärke zumisst) mit viel versprechenden Wirkstoffkandidaten (und zwar jenen, bei denen das Dockingprogramm Recht hat). 11 Siehe das Video von Helmut GRUBMüLLER (Clip auf DVD → LENGAUER→ Permeabilität von Membranen).