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Nova Acta Leopoldina Band 110 Nummer 377

4.   Die Netzwerke Bindungen zwischen Molekülen und durch Proteine (und in selteneren Fällen RNA-Enzyme) katalysierte chemische Reaktionen sind die unteilbaren Basisoperationen, aus denen sich die Dynamik des Lebens zusammensetzt. Wie eine Vielzahl einzelner Transistoren komplexe elektronische Schaltkreise bilden, so werden durch vielfältige molekulare Bindungen hoch- komplexe biochemische Netzwerke gebildet, die die Basis für alle Prozesse des Lebens sind. Grob können wir drei Ebenen solcher molekularer Netzwerke unterscheiden. 4.1 Metabolische Netze Diese Netze bewerkstelligen den Stoffwechsel in der zelle. Dies beinhaltet z. B. den Energie- stoffwechsel sowie den Auf- und Abbau der molekularen Bausteine der zelle. Damit bilden die metabolischen Netze den operativen Anteil der zellfabrik. Hierbei handelt es sich um sehr homogene molekulare Netze, die als Graph dargestellt werden können. Die Knoten in diesem Graphen repräsentieren kleine Moleküle, die Kanten, die im Allgemeinen gerichtet sind, re- präsentieren chemische Reaktionen, die die Moleküle ineinander überführen. Jede Kante ist mit einem Enzym annotiert, dass die entsprechende Reaktion katalysiert. Abbildung 12 zeigt eine übersicht über eine ganze Reihe, aber bei weitem nicht alle metabolischen Verknüpfun- gen in lebenden Organismen. Aus der Abbildung wird die hohe Komplexität von biochemi- schen Netzwerken deutlich. Diese ist selbst bei simplen Organismen wie Bakterien zu verzeichnen. Abbildung 13 zeigt einen kleinen Ausschnitt aus Abbildung 12, nämlich einen metabolischen zyklus, der zur Synthese der Aminosäure Arginin dient. Die Knoten im Netz- werk entsprechen kleinen Molekülen, den sogenannten Metaboliten. Sie sind in roter Schrift mit Namen benannt und durch ihre chemische Summenformel dargestellt. Kanten im Netz, dargestellt durch schwarze (zum Teil gestrichelte) Pfeile, bezeichnen die chemischen Reak- tionen, die die Metabolite ineinander umsetzen. Jede Reaktion wird durch ein spezifisches Protein katalysiert, das in der Abbildung durch eine vierstellige zahl repräsentiert ist. Diese zahl, die sogenannte EC-Nummer, bezeichnet die Funktion des Enzyms nach der UIBMB- Enzymklassifikation. Die Nummer 4.3.2.1 am unteren Rand von Abbildung 13 steht z. B. für das Enzym Argininosuccinatlyase, das den letzten Schritt zur Synthese von Arginin kataly- siert. Aufgrund ihrer strukturellen Homogenität sind metabolische Netze einer mathematischen Analyse recht zugänglich. Es gibt grundsätzlich zwei Arten solcher Analysen. zum einen kön- nen Gleichgewichtszustände der metabolischen Netze mit Methoden der linearen Algebra ana- lysiert werden. Auf diese Weise können die Netze in Basiskomponenten zerlegt werden, die metabolischen Netzen einen modularen Aufbau verleihen. Ferner bilden lineare Modelle me- tabolischer Netze die Basis für Analysen, wie man solche Netze verändern müsste, um gewisse Optimierungen durchzuführen, z. B. das Synthesevolumen einer erwünschten Substanz zu maximieren. Solche Untersuchungen werden in der Biotechnologie angewandt, um Mikro- organismen, die erwünschte Substanzen produzieren, zu optimieren. Desgleichen kann man auf der Basis linearer Netzwerkmodelle die Effekte der Blockierung von Proteinen, die be- stimmte Reaktionen katalysieren, modellieren. Damit können Knock-out-Experimente im Computer voranalysiert werden. Die zweite – wesentlich komplexere – Art der Modellierung metabolischer Netze ist die dynamische Modellierung nichtstationärer Prozesse in solchen Netzen. Dazu werden zum Wie funktioniert das Leben? Nova Acta Leopoldina NF 110, Nr. 377, 11–44 (2011) 31