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Nova Acta Leopoldina Band 110 Nummer 377

1.   Einleitende Bemerkung „Klimakatastrophe“, „Klimachaos“, „der Nordpol ist weg“, … solche oder ähnliche Schlag- zeilen sind aus manchen Medien nur allzu bekannt. Sie reflektieren letztlich – teils ins Skurrile übersteigert – Ergebnisse der Klimaforschung über mögliche künftige Entwicklungen des vom Menschen beeinflussten Klimas. Die moderne Klimaforschung stützt sich bei der Analyse des gegenwärtigen Klimas und der Abschätzung möglicher Klimaänderungen auf ein Spektrum von Klimamodellen verschiedener Komplexität. Gerade die Entwicklung hoch komplexer Kli- mamodelle als computergestützte, quasi-realistische Klimalabore hat die Klimaforschung sehr weit vorangebracht, sodass Aussagen über mögliche künftige Klimaänderungen heute so ver- trauenswürdig erscheinen, dass sie die Grundlage für globale politische Entscheidungen bilden. Daher werden in diesem Beitrag die wissenschaftlichen Grundlagen der Klimasimulationen skizziert und diskutiert. zunächst wird der Gegenstand der Forschung, das Klima, definiert. Sodann werden die Werkzeuge zur Untersuchung des Klimas vorgestellt, wobei sich dieser Beitrag auf die com- putergestützte, mathematisch-physikalische Klimamodellierung beschränkt. Nach einer kurzen Vorstellung verschiedener Anwendungen komplexer Klimasimulationen, wird abschließend das Problem der Klimavorhersage kritisch analysiert. 2.   Was ist Klima? In der älteren Literatur wird Klima als „die Gesamtheit aller meteorologischen Erscheinungen“ definiert, „die den mittleren zustand der Atmosphäre an irgend einer Stelle der Erdoberfläche charakterisieren“ (HANN 1883). Wenn der zustand der Atmosphäre im Verlauf weniger Stun- den oder eines Tages an einem Ort als Wetter bezeichnet wird, dann ist Klima nach dieser De- finition gleichbedeutend mit mittlerem Wetter. Die World Meteorological Organization (WMO) hat für die zeitspanne, über die der Mittelwert des Wetters berechnet werden sollte, auf 30 Jahre festgelegt. Daher werden für Klimavergleiche häufig die zeiträume 1931–1960 bzw. 1961–1990 gewählt. Man findet in der Literatur aber auch andere Mittelungszeiträume. Im Laufe des letzten Jahrhunderts wurde der Klimabegriff dahingehend erweitert, dass neben dem Mittelwert auch die höheren statistischen Momente in die Klimadefinition einbe- zogen werden. Nach der neueren Definition beschreibt Klima das „statistische Verhalten der Atmosphäre, das für eine relativ große zeitliche Größenordnung charakteristisch ist“ (HANTEL et al. 1987). Die Klimavariablen, manchmal auch Klimaelemente genannt, werden als statis- tische Kenngrößen angegeben wie z. B. Jahres- oder Monatsmittel (Jahresmitteltemperatur, mittlere Jahresniederschlagssumme, ...) oder als Eintrittswahrscheinlichkeit und Häufigkeit von Ereignissen (mittlere Andauer von Dürren, Sturmhäufigkeit, Häufigkeit von Starknieder- schlägen, ...). Da Klima sich sowohl räumlich wie auch zeitlich ändert, gehören zur Angabe der Klimaelemente auch Ort und Mittelungszeitraum, für welche die statistischen Kenngrößen gelten. Die meteorologische Klimadefinition – „meteorologisch“, weil sie sich auf meteorologi- sche Kenngrößen bezieht – hat sich in der Klimatologie, der eher beschreibenden Wissenschaft des Klimas, bewährt. zum Verständnis der Klimadynamik, also der Prozesse, die den mittleren zustand und die Variabilität der Atmosphäre über längere zeiträume bestimmen, reicht die meteorologische Definition nicht aus, denn die längerfristigen Veränderungen der Atmosphäre Von der Arrheniusschen Energiebilanz zum Erdsystemmodell Nova Acta Leopoldina NF 110, Nr. 377, 83–97 (2011) 85