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Nova Acta Leopoldina Band 110 Nummer 377

durch abzählbar viele Unterräume oder Volumina oder vernetzte Gitterpunkte ersetzt. Dies er- möglicht das kompakte System in endlicher zeit und mit endlichem Speicherplatz im Com- puter bearbeiten zu können. Doch die Diskretisierung der Gleichungen in den Klimamodellen birgt Probleme in sich: Der zustand und die dynamischen Prozesse des Klimasystems sind, je nach Verfahren, nur auf den Punkten des numerischen Gitternetzes oder nur als Mittelwert über diskrete Flächen oder Volumina definiert. Kleinräumigere Prozesse, die sogenannten subskaligen Prozesse, können nicht explizit dargestellt werden, sondern müssen als Funktion der explizit darstell- baren oder skaligen Variablen „parameterisiert“ werden. Komplexität und Approximationsgrad von Klimamodellen werden unterschiedlich klas- sifiziert. So wählen z. B. MCGUFFIE und HENDERSSON-SELLERS (1997) das Bild einer Pyramide, in dem die Seitenstücke der Pyramide hauptsächlich atmosphärische Teilmodule (Modelle des Strahlungstransfers, der Energiebilanz und der atmosphärischen Strömung) darstellen, die dann miteinander gekoppelt werden, um als Spitze der Pyramide zu einem komplexen Modell atmosphärischer und ozeanischer zirkulation zusammenzuwachsen. Eine ähnliche Modell- pyramide entwerfen die Autoren für Modelle menschlichen Handelns (ökonomiemodelle, Modelle des Bevölkerungswachstums usw.). Die Kopplung beider Modellwelten wird als Ver- knüpfung beider Pyramiden an deren Spitzen in der Form eines Stundenglases symbolisiert. CLAUSSEN et al. (2002) schlagen eine alternative, weniger symbolhafte Betrachtung der „klas- sischen“ Modellhierarchie vor, indem sie ein „Spektrum von Klimamodellen“ einführen. Dieses Spektrum schließt explizit einen Indikator ein, der die Anzahl miteinander wechsel- wirkender Komponenten des Klimasystems charakterisiert, die als Module im Klimamodell explizit beschrieben werden. An dem einen Ende des Spektrums (siehe Abb. 2) befinden sich die konzeptionellen oder stark aggregierten Modelle, in denen bei stärkster Reduktion der Komplexität das gesamte Klima- oder Erdsystem oder bei weniger reduzierten Modellen jeweils die einzelnen Kompo- nenten des Systems als ein Gitterpunkt dargestellt werden. Solche Modelle können zum einen rein induktive Modelle sein, welche lediglich die Plausibilität von Prozessen demonstrieren, ohne dass physikalische Gesetze wie Massen-, Energie- und Impulserhaltung explizit in die Modelle einfließen. Das Modell von PAILLARD (1998), das den Wechsel zwischen Warmpha- sen und Eiszeiten der letzten 2 Millionen Jahre als abrupte Sprünge zwischen verschiedenen ad hoc definierten Klimazuständen beschreibt, mag als typisches Beispiel dienen. zu den in ihrer Komplexität stark reduzierten Modellen gehören auch die Energiebilanzmodelle, die aus der Forderung einer geschlossenen Energiebilanz des Erdsystems zwischen solarer Einstrah- lung und der Abgabe von Wärmestrahlung der Erde abgeleitet werden. Das Arrheniussche Energiebilanzmodell (ARRHENIUS 1896) ist vermutlich das erste Modell dieser Art überhaupt. ARRHENIUS nutzte dieses Modell, um die Frage zu klären, ob Eiszeiten durch eine Reduktion von Treibhausgasen verursacht werden könnten. Gleichsam als Randnotiz bemerkte ARRHE- NIUS, dass bei einem durch menschliche Aktivität verdoppelten Gehalt des Kohlendioxids in der Atmosphäre sich die globale Mitteltemperatur um 5–6 K erwärmen könnte. (Heutige Klimamodelle geben als beste Schätzung etwa 3 K an, mit einer Spannweite von etwa 2,1 bis 4,4 K, RANDALL et al. 2007.) Nova Acta Leopoldina NF 110, Nr. 377, 83–97 (2011) Martin Claußen 88