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Nova Acta Leopoldina Band 110 Nummer 377

5.   Konzeptionelle Probleme der Klimavorhersagen Die Frage, warum wir der Wettervorhersage „glauben“, beantwortete Bjorn STEVENS (Direktor am Max-Planck-Institut für Meteorologie in Hamburg) in einem Vortrag am 23. 11. 2008 mit: „10708“. Dies ist die zahl der Vorhersagen, die das Europäische zentrum für mittelfristige Wettervorhersage bis dato herausgegeben hatte. Damit bringt Bjorn STEVENS folgendes zum Ausdruck: Wettervorhersagemodelle haben den zweck, den aktuellen zustand der Atmosphäre und die Wahrscheinlichkeit seines Eintretens für einige Tage im Voraus zu berechnen. Die Er- füllung dieser Aufgabe lässt sich wohl definiert prüfen. Unter Vorgabe ausgewählter meteoro- logischer Parameter wird der Abstand der Wettervorhersage von dem tatsächlich eingetretenen Wetter bestimmt und damit die Güte der Vorhersage und letztlich des Modells quantifiziert. Bei Klimamodellen ist das Vorhersage- und Validierungsproblem erheblich komplexer. 5.1 Klimavorhersagen erster und zweiter Art zum einen muss der Begriff der Klimavorhersage im Vergleich zur Wettervorhersage weiter gefasst werden. Dazu unterscheidet die Klimaphysik zwei Arten der Klimavorhersage. Nach LORENz (1979) wird als Klimavorhersage erster Art eine Vorhersage des Klimasystems in Ab- hängigkeit von verschiedenen Anfangsbedingungen bei bekannten Randbedingungen bzw. Klimaantrieben verstanden. Klimavorhersage erster Art und Wettervorhersage sind ähnlich – sie unterscheiden sich dadurch, dass bei der Wettervorhersage die Entwicklung des aktuellen zustandes der Atmosphäre, bei der Klimavorhersage hingegen die Entwicklung der Statistik des zustandes der Atmosphäre und der anderen Komponenten des Klimasystems vorhergesagt werden. Die Berechnung der vergangenen Klimaentwicklung unter Vorgabe der änderung be- kannter Klimaantriebe, die im vorigen Kapitel skizziert wurde, ist ein Beispiel für eine Vor- hersage, oder besser: Nachhersage, erster Art. Eine Vorhersage (erster Art) der künftigen Klimaentwicklung ist vermutlich nur über einen sehr kurzen zeitraum von wenigen Dekaden möglich, da in diesem zeitbereich zumindest die globale Temperaturentwicklung sich kaum mit dem spezifischen Szenarium menschlichen Eingriffes in das Klimasystem ändert (siehe Abb. 4). Erst die langfristige Klimaentwicklung hängt entscheidend von der Stärke der Emission von Treibhausgasen und damit letztlich von noch unbekannten politischen Entscheidungen des Menschen ab. In diesem Fall können nur bedingte Vorhersagen, also verschiedene mögliche Klimaentwicklungen unter verschiedenen Klimaantriebsszenarien berechnet werden. In der Klimaphysik wird diese Vorhersage als Kli- mavorhersage zweiter Art bezeichnet (LORENz 1979). In der Literatur werden für die Vorher- sage (zweiter Art) möglicher künftiger Klimaentwicklungen auch die Begriffe Klimapro- jektionen oder Klimaszenarien verwendet. 5.2 Vorhersage des Klimas als einmalige Realisation eines stochastischen Prozesses ähnlich wie bei der Wettervorhersage, lässt sich die Güte von Klimamodellen hinsichtlich der Beschreibung des gegenwärtigen Klimas quantitativ überprüfen (REICHLER und KIM 2008). Dies zeigt nur, dass viele der schnellen Klimaprozesse (z. B. Treibhauseffekt, …) hinreichend gut verstanden sind. Die Modellierung langsamer Prozesse, wie etwa der Aufbau oder das Ab- schmelzen kontinentaler Eismassen oder die Migration von Vegetationszonen, kann nur an- hand paläoklimatologischer Daten geprüft werden. Von der Arrheniusschen Energiebilanz zum Erdsystemmodell Nova Acta Leopoldina NF 110, Nr. 377, 83–97 (2011) 93