Prof. Dr. Kurt Wüthrich

Forschungsschwerpunkte: Magnetische Kernresonanzspektroskopie, molekulare Strukturbiologie, strukturelle Genomik, Sarkopenie und Osteoporose
Kurt Wüthrich ist ein Schweizer Biophysiker und Strukturbiologe, der für seine bahnbrechenden Arbeiten zur Bestimmung der Struktur von Proteinen in Lösung mit Hilfe der Kernspinresonanzspektroskopie (NMR-Spektroskopie) bekannt ist. 2002 erhielt Wüthrich eine Hälfte des Nobelpreises für Chemie für die Entwicklung der NMR-Spektroskopie zur Bestimmung der dreidimensionalen Struktur von biologischen Makromolekülen in Lösung. Die andere Hälfte ging an den US-amerikanischen Chemiker John B. Fenn und den japanischen Elektroingenieur Kōichi Tanaka für ihre Entwicklung der Massenspektrometrise (MS) von Proteinen. Seine derzeitige Forschung am iHuman Institute der ShanghaiTech University in China konzentriert sich auf Studien zur GPCR-Dynamik und Transmembransignalisierung. Außerdem interessiert er sich sehr für Sarkopenie und Osteoporose in der alternden menschlichen Bevölkerung.
Die NMR-Spektroskopie ist eine der wichtigsten Analysemethoden in der Chemie und Biochemie. Sie ermöglicht es, Molekülstrukturen dreidimensional darzustellen und das Zusammenspiel von Molekülen in ihren physiologischen Funktionen zu entschlüsseln. Der Vorteil dieser Methode besteht darin, dass Proteine in Lösung untersucht werden können, das heißt in einer Umgebung, die den physiologischen Körperflüssigkeiten ähnelt.
Kurt Wüthrich und seine Arbeitsgruppen haben mehr als 200 Protein- und Nukleinsäurestrukturen untersucht, die für die Medizin und die biomedizinische Forschung von Bedeutung sind. So gelang es Wüthrichs Teams beispielsweise, die Bedeutung der Homeobox, einer sich selbst faltenden Domäne innerhalb eines größeren Proteins, aufzuklären. Homeoboxen spielen eine Schlüsselrolle bei der Bindung von DNA, um die Expression von Zielgenen zu regulieren und damit die Differenzierung in höheren Organismen zu steuern. Kurt Wüthrich gelang es mit seiner Strukturanalyse, Immunsuppressiva zu erforschen, die eine Rolle bei der Verhinderung der Abstoßung von transplantierten Organen spielen.
Zwischen 1996 und 2002 hat die Gruppe Wüthrich die Prionproteine zahlreicher Organismen, darunter von Menschen, Rindern und Mäusen, identifiziert und detailliert beschrieben. Prionen sind Proteine, die in gesunden Organismen in der sogenannten zellulären Form vorhanden sind, aber fehlgefaltet werden können. Prionproteine spielen eine wichtige Rolle bei der Entstehung des sogenannten Rinderwahnsinns (Bovine Spongiforme Enzephalopathie, BSE) und der Creutzfeldt-Jakob-Krankheit beim Menschen.
In den ersten beiden Jahrzehnten des 21. Jahrhunderts arbeitete die Gruppe von Kurt Wüthrich am Scripps Research Institute in Kalifornien auf dem Gebiet der strukturellen Genomik. Zum einen entwickelte das Team NMR-Methoden, um die Strukturen von löslichen Proteinen effizient zu untersuchen. Ein zweiter Schwerpunkt in dieser Zeit war die Untersuchung von G-Protein-gekoppelten Rezeptoren (GPCRs).
Gegenwärtig werden NMR-Untersuchungen zur Dynamik von GPCRs und zur Transmembransignalisierung am iHuman Institute der ShanghaiTech University in China durchgeführt. An seinen Arbeitsplätzen an der ETH Zürich und bei Scripps Research verfolgt Kurt Wüthrich seine Interessen an Sarkopenie und Osteoporose in der alternden menschlichen Bevölkerung.