Prof. Dr. Michael Theobald

Forschungsschwerpunkte: Biblische Theologie, Neues Testament, Erzählung der Evangelien, neutestamentliche Briefliteratur, Einheitsübersetzung der Bibel, Kirchenreform
Michael Theobald ist ein deutscher Theologe. Sein Arbeitsschwerpunkt ist das Neue Testament, vor allem das Johannesevangelium sowie die neutestamentliche Briefliteratur (Römerbrief, Epheserbrief, Pastoralbriefe). Er war an der Überarbeitung der Einheitsübersetzung der Bibel beteiligt und setzt sich für eine Reform der römisch-katholischen Kirche ein.
In mehreren Forschungsprojekten hat Michael Theobald die literarische Genese und Herkunft der vier Passionserzählungen der Evangelien untersucht. Dabei rekonstruierte er nicht allein den literarisch-theologischen Prozess der Erzählfassungen, sondern beschäftigte sich mit den konkreten liturgischen Orten der frühen Jesus-Gemeinden.
Zudem war er an der Revision der Einheitsübersetzung (EÜ) der Bibel beteiligt, die nach zehnjähriger Arbeit im Herbst 2016 vorgestellt wurde. Die vorherige Version war rund 30 Jahre lang bei Katholikinnen und Katholiken in Deutschland, der Schweiz, Österreich und Luxemburg in Gebrauch gewesen. Dann aber hatten rund 50 Fachleute aus dem deutschsprachigen Raum eine Überarbeitung für sinnvoll gehalten. Dabei ging es nicht um eine komplette Neuübersetzung, sondern um sprachliche Anpassungen. So wollte man in einigen Passagen näher am Ursprungstext bleiben und die Sprache „biblischer" wirken lassen. Gleichzeitig sollte sich der neue Text aber auch stärker am heutigen Sprachgebrauch orientieren, um ihn zeitgemäßer und verständlicher zu machen. An einigen Stellen werden Frauen nun beispielsweise schwanger, statt zu „empfangen“. Und das griechische Wort „adelphoi“ wurde nicht mehr nur als „Brüder“, sondern je nach Zusammenhang auch als „Brüder und Schwestern“ übersetzt.
Auch in anderen Bereichen setzt sich Michael Theobald dafür ein, die christliche Botschaft in die Theologie und die Lebenswelten von heute zu überführen. So gehörte er zu den Unterzeichnern des Memorandums „Kirche 2011: Ein notwendiger Aufbruch“. Mit diesem forderten Hochschul-Theologen eine Reform der römisch-katholischen Kirche, die unter anderem eine stärkere Beteiligung der Gläubigen auf allen Ebenen, die Zulassung von Frauen in kirchlichen Ämtern sowie mehr Rechtsschutz innerhalb der Kirche ermöglichen sollte.
Zur Weltsynode von 2021 bis 2024 meldete sich der Forscher ebenfalls zu Wort. Papst Franziskus hatte diesen Prozess mit dem Ziel in Gang gesetzt, auf den Ebenen von den Pfarreien bis zum Vatikan über notwendige Reformen der Kirche zu beraten. Im Rahmen dieser Diskussionen empfiehlt Michael Theobald immer wieder einen Blick ins Neue Testament. Anders als in der heutigen katholischen Kirche gebe es dort beispielsweise kein Problem mit Mehrheitsentscheidungen. Und vor allem die dort geschilderte Botschaft und das Auftreten Jesu sind in seinen Augen die besten Argumente dafür, kirchliche Positionen auch für Frauen zu öffnen.
Was die Gestaltung dieser Ämter angeht, spricht sich der Theologe gegen ein abgehobenes Priestertum aus. Damit Gemeindearbeit heute gelingen könne, seien Teamwork und gemeinsame Entscheidungen gefragt. Genau das entspreche auch dem Geist Jesu und der Evangelien. Seinem 2023 erschienenen Buch über die Entwicklung der Ämter in der Frühzeit der Kirche hat Michael Theobald einen entsprechend vielsagenden Titel gegeben: „Dienen statt Herrschen“.