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Zweitmitgliedschaft in der Sektion Global Health
Wahljahr: | 2001 |
Sektion: | Psychologie und Kognitionswissenschaften |
Stadt: | Berlin |
Land: | Deutschland |
Forschungsschwerpunkte: Begrenzte Rationalität und soziale Intelligenz, Entscheidungen unter Unsicherheit und begrenzter Zeit, Risikokompetenz und Risikokommunikation, Entscheidungs-verhalten von Managern, Richtern und Ärzten
Gerd Gigerenzer ist Psychologe und Risikoforscher. Seine Forschungsschwerpunkte sind Entscheidungsfindung und Risikokompetenz. Er untersucht, wie Menschen unter unsicheren Umständen Entscheidungen treffen und wie sie mit Risiken umgehen. Um die Prozesse in realistischen Situationen beschreiben zu können, hat er zentrale Konzepte entwickelt. Mit seinen Forschungsergebnissen berät er Ärzte, Richter und Manager, um diesen bessere Entscheidungen zu ermöglichen.
Krebsfrüherkennung, Geldanlage, Entscheidungen im Operationssaal, an den Finanzmärkten: Der Mensch muss ständig Entscheidungen treffen, oft unter Zeitdruck und auf der Grundlage weniger Informationen. Gerd Gigerenzer erforscht, wie Entscheidungsprozesse unter diesen unsicheren Bedingungen ablaufen. Mit seinem Team untersucht er in Experimenten, Computersimulationen und mathematischen Analysen, welche Strategie wann und warum zu einem guten Ergebnis führt. Um die Entscheidungsprozesse beschreiben zu können, hat er die Konzepte der Begrenzten Rationalität, der Ökologischen Rationalität und der Sozialen Rationalität entwickelt. Sie erläutern das Entscheidungsverhalten aus dem Zusammenspiel von Umwelt und kognitiven Prozessen.
Das Konzept der begrenzten Rationalität besagt, dass der Mensch für seine Entscheidungen einfache Faustregeln (Heuristiken) nutzt. Diese funktionieren in unsicheren Situationen gut, weil sie irrelevante Informationen ignorieren. Gigerenzer hat untersucht, wie Ärzte entscheiden, ob ein Patient auf die Intensivstation muss oder nicht. Er hat einen Katalog mit 50 Entscheidungskriterien entwickelt. Nach einiger Zeit hatten sich die Ärzte wenige relevante Kriterien eingeprägt und trafen auf der Grundlage von höchstens drei Kriterien bessere Entscheidungen. Im Bereich der ökologischen Rationalität fragt Gigerenzer, in welcher realen Umwelt eine Heuristik Erfolg verspricht. Die soziale Rationalität erforscht den Einfluss der Umwelt auf Entscheidungen. Menschen entscheiden sich zum Beispiel für Ökostrom, solange sie sich nicht aktiv dagegen entscheiden müssen (opt-out-System). Viel schwerer fällt es den meisten, sich aktiv dafür zu entscheiden (opt-in-System).
Im Bereich Risikokompetenz und Risikokommunikation hat Gerd Gigerenzer gezeigt, dass statistische Informationen und Risiken besser verstanden werden, wenn sie in absoluten Zahlen präsentiert werden. Risiken werden jedoch meist in schwer verständlichen relativen Prozentangaben kommuniziert. Dies führt zum Beispiel dazu, dass der Nutzen bestimmter Untersuchungen (wie der Mammografie) höher eingeschätzt wird. Gerd Gigerenzer schult die Risikokompetenz von Ärzten, Richtern, Journalisten, Patienten und der allgemeinen Bevölkerung. Sein Ziel ist der mündige Bürger, der mit den Risiken einer modernen technologischen Welt informiert umgehen kann.
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