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Nobelpreis für Chemie 1988
Wahljahr: | 1995 |
Sektion: | Biochemie und Biophysik |
Stadt: | Frankfurt (M.) |
Land: | Deutschland |
Forschungsschwerpunkte: Struktur und Funktion von Membranproteinen und Membranproteinkomplexen, 3-D-Kristallisation, Röntgenstrukturanalyse, Komplexe der Atmungskette (Cytochrome-c-Oxidase), sekundär aktive Transporter, G-Protein-gekoppelte Rezeptoren (GPCRs)
Hartmut Michel ist ein deutscher Biochemiker. Er untersucht die Funktionsweise von Proteinkomplexen der Zellmembran basierend auf genau bekannten Strukturen. Für die Aufklärung der dreidimensionalen Struktur des photosynthetischen Reaktionszentrums eines Purpurbakteriums erhielt er 1988 den Nobelpreis für Chemie – zusammen mit Johann Deisenhofer und Robert Huber. Dies war die erste Strukturbestimmung eines Membranproteins oder Membranproteinkomplexes, gleichzeitig haben die Forscher mit ihrer Arbeit grundlegende Erkenntnisse zur Photosynthese geliefert.
Hartmut Michel gelang die Kristallisation des Reaktionszentrums des photosynthetischen Bakteriums Blastochloris viridis (veraltet Rhodopseudomonas viridis). Die Kristallisation von Membranproteinen wurde bis dahin für unmöglich gehalten. Die nachfolgende Strukturaufklärung lieferte Hinweise darauf, wie die ersten Schritte der Photosynthese, nämlich eine lichtgetriebene Trennung elektrischer Ladungen und Transport von Elektronen über die photosynthetische Membran, ablaufen. Das Ergebnis konnte auf die Reaktionszentren der Pflanzen übertragen werden: Ähnlichkeiten der Aminosäuresequenzen der Proteinuntereinheiten zeigten, dass das photosynthetische Reaktionszentrum der Bakterien fast genauso aufgebaut ist wie das der höheren Pflanzen.
Membranproteine sind aber nicht nur zentrale Komponenten der Photosynthese, sie sind als essenzielle Bausteine der Zelle an fast allen Lebensprozessen beteilig. Sie nehmen verschiedene Aufgaben wahr, wie Passage und Transport von Substanzen durch die Zellmembran, Signalrezeption und Signalwandlung. Einige Membranproteine wirken auch als Enzyme. Mit seiner Forschung will Hartmut Michel aufklären, wie Membranproteine arbeiten und welche Strukturänderungen für ihre Funktion notwendig sind. Sein Team hat wichtige Strukturen von Membranproteinen aufgeklärt, darunter die von drei der vier Elektronen-Transfer-Komplexe der Atmungskette. Schwerpunkt ist die Erforschung der Cytochrome-c-Oxidase, die eine Schlüsselfunktion im menschlichen Energiestoffwechsel einnimmt: Das Enzym bildet aus dem Luftsauerstoff und der aufgenommenen Nahrung Wasser und speichert die dabei freiwerdende Energie.
In weiteren Projekten werden die Strukturen von sekundär aktiven Transportern und G-Protein-gekoppelten Rezeptoren (GPCRs) erforscht. Die Erkenntnisse sind wichtig für die Entwicklung von Medikamenten. Insbesondere die GPCRs sind die Angriffsorte der meisten Pharmaka. Die Kenntnis ihrer atomaren Struktur erlaubt es, gezielt spezifische Pharmaka durch drug design zu entwickeln.
In jüngster Zeit hat sich Hartmut Michel in die Diskussion um Biokraftstoff eingeschaltet. Wegen der geringen Effizienz der Photosynthese – letztendlich wird nur etwa ein Prozent der Energie des Sonnenlichts in Form von Biomasse gespeichert – und wegen des Energieaufwands zur Herstellung des Biosprits hält er dessen Herstellung und Nutzung für ineffizient und erkennt darin keine Klimaschutzwirkung.
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