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Prof. Dr.

Heinrich Otto Wieland

Nobelpreis für Chemie 1927

Wahljahr: 1925
Sektion: Chemie
Stadt: München
Land: Deutschland
CV Heinrich Otto Wieland - PDF (Deutsch)

Forschung

Heinrich Otto Wieland war ein deutscher Chemiker. Er beschäftigte sich mit stickstoffhaltigen Verbindungen und untersuchte ihre verschiedenartigen Vertreter, zum Beispiel die Hydrazine. Ihm die Entdeckung der Stickstoffradikale. Außerdem beschäftigte er sich mit Steroiden und Gallensäure. Darüber hinaus lieferte er Arbeiten zur Alkaloidchemie und untersuchte als erster Insektenpigmente, die so genannten Pterine, sowie die basischen Bestandteile von Krötengiften. Für seine Forschungen zur Strukturermittlung der Gallensäuren und verwandter Substanzen wurde er 1927 mit dem Nobelpreis für Chemie ausgezeichnet.

Werdegang

Heinrich Otto Wieland begann 1896 ein Studium an der Universität München, das er 1897 zunächst in Berlin und ab 1898 in Stuttgart fortsetzte. 1898 kehrte er an die Universität München zurück, wo er im Juli 1901 promoviert wurde und sich 1904 habilitierte. Zwischen 1907 und 1913 war er für die Firma Böhringer Ingelheim tätig. 1909 war er in München als außerordentlicher Professor tätig. 1913 wurde er zum planmäßigen Extraodinarius ernannt. 1917 erhielt er eine Professur an der Technischen Hochschule München. Während des Ersten Weltkriegs war er von 1917 bis 1918 als Stipendiat am Kaiser-Wilhelm-Institut in Berlin-Dahlem tätig, wo er an der Entwicklung chemischer Kampfstoffe beteiligt war.

1921 folgte er einem Ruf an die Universität Freiburg. 1925 kehrte er nach München zurück, wo er auf eine Professur für Chemie berufen wurde und als Nachfolger von Richard Willstätter (Nobelpreis für Chemie 1915) zum Direktor des Chemischen Labors ernannt wurde. Dort blieb er bis zu seiner Emeritierung im Jahr 1950.

Während des Dritten Reiches ermöglichte er 25 Studenten ein Studium an seinem Institut, obwohl sie nach den Nürnberger Gesetzen als so genannte Halbjuden galten und ihnen daher eine Ausbildung verwehrt wurde. Mehrfach wurde Wieland aufgrund seiner Unterstützung für jüdische Studenten oder auch Firmen, denen er Laboreinrichtungen abkaufte, denunziert. Er machte aus seinem Unwillen gegenüber dem politischen System keinen Hehl. Besonders couragiert zeigte er sich, als der seit Wintersemester 1941 eingeschriebene Halbjude und Student Hans Leipelt 1943 verhaftet wurde, nachdem dieser ein Flugblatt der Widerstandsgruppe Weiße Rose vervielfältigt hatte. Vor Gericht erschien der damals 67-Jährige und gehbehinderte Wieland als Entlastungszeuge vor dem Volksgerichtshof in Donauwörth. An der Vollstreckung des Todesurteils gegen den Studenten konnte Wieland jedoch nichts ändern.

Ebenfalls während des Dritten Reichs arbeitete Wieland erneut mit der Firma Boehringer Ingelheim zusammen, die kriegswichtige Medikamente herstellte. Darüber hinaus versuchte er im Rahmen dieser Forschungspartnerschaft, ab 1943 in Deutschland die Produktion von Penicillin in Gang zu bringen.

Nobelpreis

Seit 1912 hatte Wieland an Gallensäure geforscht. Etwa zur gleichen Zeit begann er außerdem mit der Aufklärung von Krötengift. Damit hatte er ein Thema aufgegriffen, bei dem sich unerwartete Synergien für die Arbeit an der Gallensäure ergaben. 1913 erkannte Wieland, dass Cholesterin, Cholsäure - eine der damals bekannten drei Gallensäuren - und die Inhaltsstoffe des Krötengifts im chemischen Aufbau eng miteinander verwandt waren. Er entdeckte, dass eine der Gallensäuren, die Desoxycholsäure, Einschlussverbindungen mit wasserunlöslichen Substanzen, zum Beispiel Fettsäuren, bilden kann. Dadurch emulgieren Gallensäuren und wasserunlösliche Substanzen. Auf diesem Weg machen sie diese für den Körper verwertbar.

Für die Nutzung dieser Erkenntnis versprach sich Wieland neue Darreichungsformen für schwer wasserlösliche pharmazeutische Wirkstoffe. 1916 erreichte er, dass die Firma C.H. Boehringer Ingelheim die Herstellung pharmazeutischer Gallensäurepräparate aufnahm. Tatsächlich wurde nach dem Ersten Weltkrieg ein Medikament namens Cadechol auf dem Markt gebracht. Es wurde vor allem zur Behandlung von Herz-Kreislauf-Erkrankungen genutzt. Da dieses Medikament bis 1925 sehr erfolgreich eingesetzt wurde, arbeitete Wieland weiter an den Gallensäuren - und das, obwohl er dieses Gebiet nach eigener Aussage für ziemlich langweilig hielt.

Nachdem Wieland die Grundstruktur der Gallensäuren - und damit die der Steroide - aufgeklärt hatte, wurde deutlich, dass ihr charakteristisches Ringsystem in vielen physiologisch wirksamen Substanzen enthalten ist: In den Gallensäuren und in Vitamin D ebenso wie in den Sexualhormonen, den Nebennierenhormonen und auch in vielen pflanzlichen und tierischen Sterinen.

Für seine Forschungen zur Strukturermittlung der Gallensäuren und verwandter Substanzen wurde Wieland 1927 mit dem Nobelpreis für Chemie ausgezeichnet. Die Auszeichnung ermöglichte ihm während des Dritten Reichs auch einen größeren Handlungsspielraum, den Wieland auch zur Rettung und Unterstützung jüdischer Studenten und Wissenschaftler nutzte.

Auszeichnungen und Mitgliedschaften

Für seine wissenschaftlichen Arbeiten erhielt Wieland zahlreiche weitere Auszeichnungen, darunter den Nobelpreis für Chemie (1927), Großes Bundesverdienstkreuz und Ritter der Friedensklasse des Ordens Pour le Mérite (beide 1952) sowie den Otto-Hahn-Preis für Chemie und Physik der Gesellschaft Deutscher Chemiker (1955).

Akademien und wissenschaftliche Einrichtungen aus aller Welt ernannten ihn zu ihrem Mitglied, darunter die Royal Society, London, Deutsche Akademie der Naturforscher Leopoldina (1925), National Academy of Science, Washington (1929), Academy of Arts and Sciences Boston, Russische Akademie der Wissenschaften, Moskau sowie die Japanische und die Indische Akademie der Wissenschaften. Darüber hinaus war Wieland Ehrenmitglied der Chemical Society of London. Wieland war Ehrendoktor der Universitäten Freiburg (1926) und Athen (1937).

Zur Person

Heinrich Otto Wieland wurde am 4. Juni 1877 als Sohn des Chemikers Theodor Wieland und seiner Frau Elise Blom in Pforzheim geboren. Er besuchte ein technisches Gymnasium in Stuttgart. 1908 heiratete er Josephine Bartmann Wieland. Das Paar bekam vier Kinder: Die Söhne Wolfgang, Theodor und Otto sowie die Tochter Eva, die später mit dem Biochemiker Feodor Lynen (Nobelpreis für Physiologie 1964) einen Schüler seines Vaters heiratete. Seine Söhne Theodor und Otto erhielten später ebenfalls Professuren für Chemie bzw. für Medizin. Heinrich Otto Wieland starb am 5. August 1957 in Starnberg.

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