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Wahljahr: | 1974 |
Sektion: | Physiologie und Pharmakologie/Toxikologie |
Stadt: | Paris |
Land: | Frankreich |
Jean-Pierre Changeux ist ein französischer Molekularbiologe und Neurowissenschaftler, dessen wissenschaftlicher Schwerpunkt auf der Signalübertragung im Nervensystem liegt. Ihm ist es gelungen, die Funktionen des Gehirns, sowohl auf zellulären als auch auf einer höheren Ebenen, mit grundlegenden molekularen Mechanismen zu verknüpfen.
Schon früh beschäftigte Jean-Pierre Changeux die Frage, wie die Neuronen des Gehirns miteinander kommunizieren. Bereits in seiner Doktorarbeit beschäftigte sich der Molekularbiologe mit der Regulation von Enzymen, wobei er das Konzept der allosterischen Interaktion einführte: Ein Signal greift an einer Stelle des Enzyms an und löst eine Konformationsänderung aus, die eine Bindung an das Substrat an einer örtlich davon getrennten Stelle bewirkt.
Changeux identifizierte erstmals einen durch einen Ionenkanal regulierten Rezeptor eines Neurotransmitters, des nikotinergen Acetylcholin-Rezeptors. Der Wissenschaftler und sein Team charakterisierten den Rezeptor und klärten dessen aus fünf Untereinheiten bestehende Struktur auf. Außerdem entdeckte das Team um Jean-Pierre Changeux die Bindungsstelle des Acetylcholins. Seine Erkenntnisse über die Rezeptoren des Acetylcholins, das er aus den elektrischen Organen einiger Fischarten isoliert hatte, stellen heute Grundlagenwissen dar. Der Neurowissenschaftler dehnte seine Forschung an niederen Wirbeltieren später auf höhere Wirbeltiere, einschließlich den Menschen, aus.
Bei seiner Arbeit an Mäusen entdeckte Jean-Pierre Changeux, dass Mutationen des Ionenkanals mit einer Funktionsstörung des Rezeptors korrelieren. Mutationen, die einen Funktionsverlust des Acetylcholin-Rezeptors zur Folge haben, erzeugen ein Defizit des kognitiven Lernens und beschleunigen den Alterungsprozess. Dieser Forschungsansatz hat gezeigt, dass höhere Funktionen wie Langzeitgedächtnis, Aufmerksamkeit, Emotionen und Abhängigkeit stark mit den neuronalen Mechanismen verbunden sind, die vom nikotinergen Acetylcholin-Rezeptor reguliert werden.
Jean-Pierre Changeux prägte auch die heute etablierte Bezeichnung „Rezeptorenkrankheit“. Basierend auf diesem Verständnis, konnte später gezeigt werden, dass die Schizophrenie mit Mutationen einer Untereinheit des Acetylcholinrezeptors zusammenhängt und auch die Alzheimerkrankheit durch einen Acetylcholinmangel als Folge des Absterbens von Nervenzellen charakterisiert ist.
Der Neurowissenschaftler übertrug seine Erkenntnisse über den Acetylcholinrezeptor in den Neunzigerjahren auf dessen Rolle bei höheren kognitiven Funktionen und inspirierte damit zahlreiche andere Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler zu einer vertieften Erforschung dieses zentralen neuronalen Schaltkreises.
Jean-Pierre Changeux hat sowohl experimentell als auch theoretisch zur Entwicklung eines neuen Verständnisses von Gehirn und Geist beigetragen und dies auch in populärwissenschaftlichen Beträgen dargelegt.
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