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Nachricht | Freitag, 27. November 2015

Hirnforschung im Nationalsozialismus

Arbeitsgespräch an der Leopoldina

Der Aufarbeitung eines erschütternden Kapitels der Forschung im 20. Jahrhundert widmet sich ein Arbeitsgespräch an der Nationalen Akademie der Wissenschaften Leopoldina am Sonntag, 29. November, in Halle. Unter dem Titel „Hirnforschung im Nationalsozialismus, Euthanasie und die Frage der Opfer“ erörtern Wissenschaftshistoriker, in welchem Ausmaß Hirnschnittpräparate von Euthanasieopfern und anderen Opfern des Nationalsozialismus von Wissenschaftlern genutzt wurden, welche Forschungsinteressen diese verfolgten und wie man den Menschen, deren Gehirne aufbewahrt und verwendet wurden, ihre Identität wiedergeben kann.

Obwohl die Forschungspraktiken schon unmittelbar nach dem Zweiten Weltkrieg bekannt waren und seit der Mitte der 1980er Jahre neu diskutiert wurden, gibt es bis heute keine umfassende wissenschaftliche Aufarbeitung dieses Themas. Das Arbeitsgespräch bildet den Auftakt eines Forschungsvorhabens des Medizinhistorikers Prof. Dr. Julian Paul Weindling zur Medizingeschichte im Nationalsozialismus. Das Projekt wird im Rahmen des von der Alexander-von-Humboldt-Stiftung vergebenen „Anneliese Maier-Forschungspreises“ gefördert.

Paul Julian Weindling gilt international als herausragender Forscher zur Wissenschafts- und Medizingeschichte im Nationalsozialismus. Seit Ende der 1980er Jahre legt der Brite grundlegende Studien zur Entstehung der Eugenik als wissenschaftlich legitimierte Rassenhygiene im NS-Staat vor. Mit seinen Untersuchungen zum Nürnberger Ärzteprozess greift Weindling auch die Perspektive der Opfer auf und arbeitet deren Beitrag zur historischen Rekonstruktion wie auch der Strafverfolgung der NS-Menschenforschung heraus. Weindling ist seit 2014 Mitglied der Leopoldina.