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Das Ziel, die menschengemachte globale Erwärmung der Erde auf weniger als zwei Grad Celsius zu beschränken, ist nur noch zu erreichen, wenn sofort sowohl nationale als auch internationale Vereinbarungen wie das Pariser Klimaabkommen eingehalten werden. Am 23. Juli formulierte die Leopoldina in ihrer Stellungnahme „Klimaziele 2030: Wege zu einer nachhaltigen Reduktion der CO₂-Emissionen“ Sofortmaßnahmen zum Schutz des Klimas.
Was man derzeit erlebe, so die Autorinnen und Autoren des Papiers, sei eine „Tragödie der Langzeitziele: Täglich wächst die Kluft zwischen der sich abzeichnen den existenziellen Bedrohung durch den Klimawandel und immer wieder aufgeschobenem politischen Handeln.“ Daher unterstützt die Arbeitsgruppe, die von der Meeresforscherin Prof. Dr. Antje Boetius (Bremen) und dem Klimaforscher Prof. Dr. Gerald Haug (Mainz) geleitet wurde, die in aktuellen Expertengutachten enthaltene Forderung nach einem einheitlichen und sektorenübergreifenden Preis für Treibhausgasemissionen.
Der anfängliche CO₂-Preis müsse dabei erheblich höher liegen als der aktuelle Preis im europäischen Emissionshandel. Zudem solle der Preis in den kommenden Jahren schrittweise steigen. Die Politik sei gefordert, die gewählte CO₂-Bepreisung regelmäßig zu überprüfen und bei Bedarf nachzujustieren. Das Instrument der CO₂-Bepreisung müsse als unverrückbare klimapolitische Strategie erkennbar sein.
In der Stellungnahme wird darauf hingewiesen, dass ein CO₂-Preis allein jedoch nicht ausreicht, um die Klimaziele 2030 zu erreichen. Dafür sollten unter anderem die Einnahmen aus der CO₂-Bepreisung transparent reinvestiert werden, in eine kohlenstoffarme Infrastruktur, in die relative Absenkung des Strompreises und in den sozialen Ausgleich in Form einer „Klimadividende“. Ziel sei es, Anreize für ein klimaschützendes Wirtschaften und Verhalten zu setzen.
Eine wirksame Bepreisung von CO₂ werde einen früheren Kohleausstieg wahrscheinlicher machen, so die Autorinnen und Autoren der Stellungnahme. Technisch sei dies in Deutschland möglich, vor allem gemeinsam mit den europäischen Partnern. Voraussetzungen seien Investitionen in erneuerbare Energien, in ein modernes Stromnetz und in Speichertechnologien.
Im Bereich Verkehr, der rund 20 Prozent der CO₂-Emissionen verursacht, wird in der Stellungnahme eine massive Elektrifizierung empfohlen. Der öffentliche Personennahverkehr (ÖPNV), der Schienenfernverkehr und der Gütertransport auf der Schiene müssten erheblich ausgebaut und qualitativ verbessert werden. Hinsicht lich privater Pkw sei die Umstellung auf stark hybridisierte und batterieelektrische Fahrzeuge ein wirkungsvoller, kurzfristiger Hebel. In den Städten solle dem ÖPNV, Fahrradverkehr sowie Fußgängerinnen und Fußgängern Priorität eingeräumt werden.
Die Stellungnahme erfuhr große Resonanz in Politik und Presse. So schrieb etwa
DIE ZEIT am 31. Juli auf ihrer Titelseite: „Ganz gewiss kein Fall für die Schublade ist jenes Papier, das die Leopoldina, die Nationale Akademie der Wissenschaften, am Dienstag zur deutschen Klimapolitik vorgelegt hat. Das Bemerkenswerte an ihm ist sein Ton: deutlich, kritisch und ermutigend zugleich.“