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Pressemitteilung | Mittwoch, 4. September 2019

Leopoldina verleiht Carus-Medaillen an Informatikerin und Biologen für ihre Forschungen zu effizienten Algorithmen und zur Embryogenese

Die Nationale Akademie der Wissenschaften Leopoldina würdigt die herausragenden Forschungsarbeiten des Entwicklungsbiologen Carl-Philipp Heisenberg und der Informatikerin Monika Henzinger mit den diesjährigen Carus-Medaillen. Die Auszeichnungen werden im Rahmen der feierlichen Eröffnung der Leopoldina-Jahresversammlung am Freitag, 20. September 2019, in Halle (Saale) überreicht.

Der Entwicklungsbiologe Prof. Dr. Carl-Philipp Heisenberg (Jahrgang 1968) erforscht die Embryonalentwicklung von Wirbeltieren. Er fragt: Welche Prozesse steuern Form und Gestalt eines Embryos? Als Modellorganismus für seine Forschung verwendet er Zebrafische, weil deren frühe Entwicklung der des Menschen sehr ähnlich ist. Zudem entwickeln die Embryonen des Zebrafisches sich außerhalb des Mutterleibs. Heisenberg interessiert sich für den Prozess nach der Teilung der befruchteten Eizelle, wenn Zellwanderung, Zelladhäsion und Zellpolarisierung eine besondere Rolle spielen. Diese Prozesse sind auch die Grundlage für die Entwicklung vielzelliger Strukturen wie Gewebe und Organe. Seine Untersuchungen haben unter anderem die These entkräftet, dass primär Zelladhäsion für die Zellsortierung der Gastrulation verantwortlich sei. In aktuelleren Arbeiten wendet sich Heisenberg mit seinem Team verstärkt der Biophysik zu. Dabei konnte er belegen, dass mechanische Kräfte eine wesentlich größere Rolle in der Embryogenese einnehmen, als bisher bekannt war. Seine Forschungen zeichnen sich besonders durch ihren multidisziplinären Ansatz an der Schnittstelle von Zellbiologie, Entwicklungsbiologie und Biophysik aus. Die Arbeiten von Heisenbergs Forschungsgruppe könnten sich in Zukunft auch auf die Medizin auswirken, da etwa Immun- oder Krebszellen viele ähnliche Eigenschaften aufweisen wie embryonale Zellen.

Carl-Philipp Heisenberg studierte Biologie an der Ludwig-Maximilians-Universität München und schloss 1997 seine Promotion in der Arbeitsgruppe der Nobelpreisträgerin Christiane Nüsslein-Volhard am Max-Planck-Institut für Entwicklungsbiologie in Tübingen ab. Ab 2001 war er Forschungsgruppenleiter und Emmy Noether-Juniorprofessor am Max‐Planck‐Institut für molekulare Zellbiologie und Genetik in Dresden. 2010 nahm er eine Professur am Institute of Science and Technology (IST) Austria in Klosterneuburg, Österreich an. Heisenberg wurde 2017 ein ERC Advanced Grant des Europäischen Forschungsrats verliehen, im selben Jahr erhielt er den Würdigungspreis des Landes Niederösterreich. Seit 2015 ist er Mitglied der Leopoldina. 2018 wurde er in das Board of Reviewing Editors der renommierten Fachzeitschrift „Science“ aufgenommen.

Prof. Dr. Monika Henzinger (Jahrgang 1966) ist Expertin für kombinatorische Algorithmen, Datenstrukturen und Suchmaschinen. Dabei verbindet die Informatikerin Grundlagenforschung mit technologischer Anwendung. Einer ihrer Schwerpunkte liegt in der Erforschung und Entwicklung von Netzwerk- beziehungsweise Graph-Algorithmen, ein Gebiet, auf dem ihr mehrere Durchbrüche bei der erstmaligen Berechnung von Problemen oder bei deren Optimierung gelungen sind. Das Ziel dieser Arbeit ist es, effizientere Algorithmen zu entwickeln, sodass weniger Computer und dadurch weniger Energie und Rohstoffe verbraucht werden. Henzinger beschäftigte sich außerdem schon in den 1990er Jahren intensiv mit Algorithmen für computergestützte Suchabfragen, die Websuche beziehungsweise das Web Mining. Sie kombinierte schon früh Hyperlinkanalyse mit textbasierten Methoden. Es gelang ihr, Ähnlichkeiten von Internetseiten zu berechnen, einen besseren Algorithmus für Webpage-Rankings zu generieren und neue Techniken für die Bestimmung der Ähnlichkeit von Webpages zu entwickeln. Darüber hinaus hat sie sogenannte Sponsored Search-Auktionen weiterentwickelt. Ihre Arbeiten sind für die digitale Vernetzung von großer Relevanz.

Nach einem Studium der Informatik an der Universität des Saarlandes wurde Monika Henzinger 1993 an der Princeton University New Jersey, USA promoviert. Es folgten Stationen an der Cornell University in Ithaca/NY, USA sowie der Forschungsabteilung der Digital Equipment Corporation, Palo Alto, USA, bevor sie 1999 als Professorin für Informatik an die Universität des Saarlandes berufen wurde. Von 2000 bis 2004 war sie als Leiterin der Forschungsabteilung für Google tätig. 2005 nahm sie einen Ruf an die École Polytechnique Fédérale de Lausanne (EPFL), Schweiz an. 2009 wechselte sie an die Universität Wien, wo sie als Professorin die Forschungsgruppe „Theorie und Anwendung von Algorithmen“ leitet. Zu den ihr verliehenen Auszeichnungen zählen ein NFS Career Award von 1995, ein European Young Investigator Award von 2004, ein ERC Advanced Grant und eine Ehrendoktorwürde der TU Dortmund von 2013, die Ernennung zum Fellow der European Assocation of Theoretical Computer Science (EATCS) 2014 und der Association of Computing Machinary (ACM) in 2016 sowie der SIGIR Test of Time Award von 2017 und der Preis der Stadt Wien für Natur- und technische Wissenschaften 2018. Mit ihrem Sitz im Science and Technology Council beriet Henzinger 2014 die EU-Kommission. Im selben Jahr wurde sie auch zum Mitglied der Leopoldina gewählt. Zu ihrem Mitglied ernannten sie außerdem 2013 die Academia Europaea, 2017 die Österreichische Akademie der Wissenschaften, und 2018 der Österreichische Wissenschaftsrat.

Die Carus-Medaille wurde anlässlich des 50. Professorenjubiläums des XIII. Präsidenten der Leopoldina, Carl Gustav Carus (1789–1869), gestiftet und erstmals im Jahr 1896 vergeben. Sie würdigt bedeutende wissenschaftliche Entdeckungen oder Forschungsleistungen jüngerer Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler auf einem in der Leopoldina vertretenen Gebiet. Zu den bisherigen Preisträgern und -trägerinnen gehören Jacques Monod (1965), der im gleichen Jahr mit dem Nobelpreis für Physiologie oder Medizin geehrt wurde, Christiane Nüsslein-Volhard (1989), die 1995 den Nobelpreis für Medizin oder Physiologie erhielt, und Stefan Hell (2013), der im Folgejahr mit dem Nobelpreis für Chemie ausgezeichnet wurde. Seit 1961 ist sie mit dem von der Stadt Schweinfurt ─ Gründungsort der Leopoldina ─ gestifteten und mit 5.000 Euro dotierten Carus-Preis verbunden.

Ansprechpartner:
Dr. Jörg Beineke
Wissenschaftlicher Referent des Präsidiums
Tel.: +49 (0)345 472 39 – 954
E-Mail: joerg.beineke@leopoldina.org

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Kommissarische Leiterin der Abteilung Presse- und Öffentlichkeitsarbeit

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