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Pressemitteilung | Mittwoch, 27. Mai 2020

Medizinische Versorgung und patientennahe Forschung in einem adaptiven Gesundheitssystem – Nationalakademie Leopoldina legt vierte Ad-hoc-Stellungnahme zur Coronavirus-Pandemie vor

Die Nationale Akademie der Wissenschaften Leopoldina veröffentlicht heute eine vierte Ad-hoc-Stellungnahme zur Coronavirus-Pandemie. Sie widmet sich dem Thema: „Medizinische Versorgung und patientennahe Forschung in einem adaptiven Gesundheitssystem“. Das Papier konzentriert sich auf kurz- und mittelfristige Aspekte der medizinischen und pflegerischen Versorgung unter den Bedingungen einer anhaltenden Pandemie und zeigt langfristige Maßnahmen für ein resilientes und anpassungsfähiges Gesundheitssystem auf. Die Autorinnen und Autoren empfehlen ein bedarfs- und nicht primär gewinnorientiertes System, das sich am Patientenwohl orientiert und qualitätsgesichert arbeitet. Es müsse alle Mitarbeitenden wertschätzen sowie Innovationen und digitale Lösungen integrieren. Ziel sei ein adaptives Gesundheitssystem, in dem Öffentlicher Gesundheitsdienst, ambulanter sowie stationärer Sektor gut zusammenarbeiten und eine schnelle Translation von Forschungsergebnissen in die klinische Praxis erfolgt.

Die Coronavirus-Pandemie hat das deutsche Gesundheitssystem in den vergangenen Wochen vor außergewöhnliche Herausforderungen gestellt. Die Konfrontation mit einer neuen Viruserkrankung hat gezeigt, so die Stellungnahme, wie wichtig eine am Patientenwohl orientierte und zugleich forschungsnahe Krankenversorgung ist. Schutzvorkehrungen gegen eine Infektion mit SARS-CoV-2 sowie die Umstellung der medizinischen Versorgung auf die potenziell hohe Zahl von schwerstkranken COVID-19-Patientinnen und -Patienten hätten gleichzeitig dazu geführt, dass die ambulante und stationäre Versorgung von Menschen mit anderen Erkrankungen in den Hintergrund gerückt sei. Auch wichtige Präventionsmaßnahmen und Forschungsaktivitäten seien unterbrochen worden. Ziel sei es, die bedarfsgerechte Prävention, Diagnostik und Behandlung aller Patientinnen und Patienten zeitnah und vollumfänglich wiederaufzunehmen.

Damit die Versorgung aller Patientinnen und Patienten während der anhaltenden Pandemie erfolgen kann, halten die Autorinnen und Autoren kurz- und mittelfristig folgende Rahmenbedingungen für notwendig:

  • Vorhaltung ambulanter, stationärer und poststationärer Kapazitäten sowie personeller, räumlicher und technischer Reserven zur Versorgung von COVID-19-Erkrankten
  • Aufbau eines regionalen und krankenhausinternen Frühwarnsystems für SARS-CoV-2-Infektionen
  • Umsetzung wissenschaftlich unterlegter, zielgerichteter Teststrategien
  • Stärkung des Vertrauens der Öffentlichkeit in eine am Patientenwohl orientierte und sichere Behandlung
  • qualitativ hochwertige Versorgung aller Patientinnen und Patienten durch schnelle Integration von Forschungsergebnissen in die klinische Praxis

Die Krankenversorgung in Krisensituationen und eine qualitätsgesicherte sowie wissenschaftsorientierte medizinische Versorgung der Bevölkerung liegen in der Verantwortung des Staates. Für die langfristige Weiterentwicklung und Sicherung des Gesundheitssystems seien generell die folgenden Punkte zu berücksichtigen:

  • Gewährleistung der qualitativ hochwertigen, wissenschaftsorientierten und ethisch verantwortlichen Versorgung aller Patientinnen und Patienten
  • Aufbau und Verstetigung regionaler Versorgungs- und Forschungsnetzwerke mit festgelegten Aufgabenbereichen für die Einrichtungen des Gesundheitswesens und einer besonderen Funktion für die Universitätsmedizin
  • bedarfsgerechte Ausstattung mit qualifiziertem medizinischen und pflegerischen Personal
  • Digitalisierung und Vernetzung aller Krankhäuser und ambulanten Versorger
  • langfristige Sicherstellung der Versorgungsaufgaben, beispielsweise durch die Ergänzung der bisherigen Fallpauschalen um strukturelle Komponenten und unter Vermeidung von Fehlanreizen
  • gesellschaftliche Wertschätzung, eine angemessene Entlohnung, attraktive und bedarfsgerechte Ausbildungsstrukturen und gute Arbeitsbedingungen für medizinisches und pflegerisches Fachpersonal

Mit dieser Stellungnahme legt die Nationale Akademie der Wissenschaften Leopoldina die vierte Ad-hoc-Stellungnahme zur Coronavirus-Pandemie in Deutschland vor. Die ersten drei veröffentlichten Ad-hoc-Stellungnahmen haben sich mit akuten gesundheitspolitischen Maßnahmen im Umgang mit der Pandemie sowie mit den psychologischen, sozialen, rechtlichen, pädagogischen und wirtschaftlichen Maßnahmen, die zu einer schrittweisen Rückkehr in die gesellschaftliche Normalität beitragen können, beschäftigt. Ein PDF-Dokument mit allen veröffentlichten Stellungnahmen steht hier zum Download bereit.

Ergänzend veröffentlicht die Nationale Akademie der Wissenschaften Leopoldina eine Liste von Autorinnen und Autoren der Stellungnahme, die für Recherchen und Interviews zur Verfügung stehen. Die Expertinnen und Experten können direkt kontaktiert werden. Gern vermittelt auch die Abteilung Presse- und Öffentlichkeitsarbeit geeignete Ansprechpartnerinnen und Ansprechpartner unter der E-Mail presse@leopoldina.org oder der Telefonnummer +49 (0)345 472 39−800.

Über die Nationale Akademie der Wissenschaften Leopoldina

Als Nationale Akademie der Wissenschaften leistet die Leopoldina unabhängige wissenschaftsbasierte Politikberatung zu gesellschaftlich relevanten Fragen. Dazu erarbeitet die Akademie interdisziplinäre Stellungnahmen auf der Grundlage wissenschaftlicher Erkenntnisse. In diesen Veröffentlichungen werden Handlungsoptionen aufgezeigt, zu entscheiden ist Aufgabe der demokratisch legitimierten Politik. Die Expertinnen und Experten, die Stellungnahmen verfassen, arbeiten ehrenamtlich und ergebnisoffen. Die Leopoldina vertritt die deutsche Wissenschaft in internationalen Gremien, unter anderem bei der wissenschaftsbasierten Beratung der jährlichen G7-Gipfel. Sie hat 1.600 Mitglieder aus mehr als 30 Ländern und vereinigt Expertise aus nahezu allen Forschungsbereichen. Sie wurde 1652 gegründet und 2008 zur Nationalen Akademie der Wissenschaften Deutschlands ernannt. Die Leopoldina ist als unabhängige Wissenschaftsakademie dem Gemeinwohl verpflichtet.

Kontakt:
Dr. Kathrin Happe
Referentin, Stellvertretende Leiterin der Abteilung Wissenschaft – Politik – Gesellschaft 

Dr. Stefanie Westermann
Referentin in der Abteilung Wissenschaft – Politik – Gesellschaft


KONTAKT

Leopoldina

Julia Klabuhn

Kommissarische Leiterin der Abteilung Presse- und Öffentlichkeitsarbeit

Tel. 0345 47 239 - 800
Fax 0345 47 239 - 809
E-Mail presse(at)leopoldina.org