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Pressemitteilung | Mittwoch, 22. Oktober 2003

Öffentliche Vorträge der Deutschen Akademie der Naturforscher Leopoldina

Zu den Themen "Vom Gen zur Therapie" (A. Ullrich, Martinsried) und "Infektiologie 2003 – von Pathogen-assoziierten molekularen Mustern bis zum Seuchenmanagement" (N. Suttorp, Berlin)

Termin: Dienstag, 28. Oktober 2003, 15.30 Uhr
Ort: Vortragsgebäude der Akademie Leopoldina, Emil-Abderhalden-Straße 36, 06108 Halle (Saale)

  • Prof. Dr. Axel Ullrich, Martinsried, Mitglied der Akademie: "Vom Gen zur Therapie"

    Tumorerkrankungen stellen einen Krankheitsprototyp dar, der auf Defekten in zellulären Kommunikations-mechanismen beruht. Das Spektrum der bisher in Krebszellen identifizierten genetischen Veränderungen umfasst Punktmutationen in verschiedenen Genprodukten, Überexpression von positiven Signalüberträgern oder Unterexpression von negativen Kontrollelementen. Diese abnormalen Veränderungen führen letztlich zur Deregulation von zellulären Signalen. Axel Ullrich wird in seinem Vortrag molekulare Veränderungen beschreiben, die zu Tumorerkrankungen führen und die für therapeutische Zwecke genutzt werden können. Das erste Beispiel für einen solchen molekularen Defekt in Tumorzellen war die Amplifikation des Gens für den Rezeptor HER2/neu bei ca. 30% aller Mamma- und Ovarialkarzinome. Diese Entdeckung führte zu der Entwicklung des HER2/neu- spezifischen monoklonalen Antikörpers 4D5 und schließlich zum ersten therapeutischen Anti-Onkoprotein- Wirkstoff HERCEPTIN. Im Zuge der Ausweitung analoger Untersuchungen wurde die cDNA-Array-Technologie zur Identifizierung weiterer, entscheidender "Schaltstellen" und Zielstrukturen des pathophysiologischen Prozesses, der zur Krebserkrankung führt, angewendet. Weitere Untersuchungen sind auf "lebensnotwendige Systeme" des Tumors ausgerichtet, wie z.B. die Angiogenese, und als mögliche Zielgebiete für neue Formen der Krebstherapie geprüft. Die Ergebnisse von Ullrichs Arbeitsgruppe erlauben Einblicke in das zelluläre Signalübertragungsnetzwerk von Tumorzellen und bilden die Basis für molekulare Tumordiagnostik und die Entwicklung von neuen, zielgerichteten therapeutischen Strategien.

    Axel Ullrich
    hat in Tübingen, Münster und Heidelberg Biochemie studiert und wurde in Heidelberg promoviert (1975). Seine Postdoktorandenzeit, gefördert durch die DFG, brachte ihn an das Department of Biochemistry and Biophysics der University of California in San Francisco. Von 1979-1988 arbeitete er bei Genentech, Inc., in San Francisco, Kalifornien, und baute dort das Forschungsprogramm zur molekularen Biologie von Wachstumsfaktoren und ihren Rezeptoren auf. 1988 wurde er zum Direktor der Abteilung Molekularbiologie des Max-Planck-Instituts für Biochemie berufen. Seither leitet er nicht nur eine bedeutende Arbeitsgruppe zur Grundlagenforschung von Wachstumsfaktoren und ihren Rezeptoren, sondern initiierte auch die Gründung der Biotechnologie-Firmen SUGEN, Inc. in Redwood City, Kalifornien, und VirGene AG in Martinsried. Ullrich gehört zu den meistzitierten Wissenschaftlern der Welt und hat zahlreiche hochangesehene Auszeichnungen und Ehrungen erhalten, zum Beispiel die Paul Langerhans-Medaille der Deutschen Diabetes-Gesellschaft (1987), die Berthold-Medaille der Deutschen Gesellschaft für Endokrinologie (1988), den Prix Antoine Lacassagne der französischen Krebsliga (1991), die Goldmedaille der Fondazione Giovanni Lorenzini (1997) und den Preis der deutschen Krebsgesellschaft (1998). Er hat nicht nur durch seine bahnbrechenden Arbeiten in der Grundlagenforschung neue Standards gesetzt, sondern hat als Inhaber von mehr als 40 biotechnologischen Patenten auch die Brücke zur angewandten Biotechnologie geschlagen. Im Jahr 2000 wählte die Deutsche Akademie der Naturforscher Leopoldina Axel Ullrich zum Mitglied (Sektion Biochemie und Biophysik).
  • Prof. Dr. Norbert Suttorp, Berlin, Mitglied der Akademie: "Infektiologie 2003 – von Pathogen- assoziierten molekularen Mustern bis zum Seuchenmanagement"

    Das Fach Infektiologie (Infektionsforschung) war in den vergangenen Jahren sowohl hinsichtlich Klinik als auch Epidemiologie in besonderem Maße herausgefordert durch das Auftreten neuer hochkontagiöser (hochansteckender) Infektionskrankheiten (z.B. SARS) und durch Vorbereitungen zum Management eventueller bioterroristischer Aktivitäten (z.B. Anthrax, Pocken). Wichtig ist es daher, den "ersten" Patienten mit einer hochkontagiösen Infektion zu erkennen, bevor eine ungebremste Ausbreitung stattfinden kann. Die strukturelle Schwäche des Faches Infektiologie in Deutschland hat in der Ärzteschaft zu Defiziten im Wissen und im Erkennen von Infektionskrankheiten geführt. Dieser Umstand kann kurzfristig nur durch intensive Schulung und mittelfristig durch bessere Positionierung der Infektiologie im Fächerkanon korrigiert werden. Ziel wissenschaftlicher Untersuchungen muss es sein, eine Therapie gegen eine Infektion durch Bakterien und Viren zu entwickeln, die in das differenzierte Wechselspiel der Pathogen- Wirtsinteraktion eingreift und damit über den Einsatz von Antiinfektiva (Antibiotika, Virostatika) weit hinausgeht. Norbert Suttorp wird in seinem Vortrag auf einige aktuelle Beispiele eingehen.

    Norbert Suttorp
    studierte Humanmedizin in Münster und Gießen und wurde in Gießen promoviert (1980). Seine Postdoktorandenzeit verbrachte er, gefördert vom Deutschen Akademischen Austauschdienst, an der Medical School der Stanford University in Palo Alto, USA. Es folgten die Facharztausbildung und Habilitation am Zentrum für Innere Medizin in Gießen, danach Oberarzttätigkeiten in den Bereichen Infektiologie, internistische Intensivmedizin und Pneumologie pneumologische Endoskopie und Forschungsarbeiten auf den Gebieten septischer Schock – Molekulare Pathophysiologie und therapeutische Ansätze (1990-1998). Er hat hervorragende wissenschaftliche Arbeiten zur Bedeutung von Toxinen Gram-negativer und Gram- positiver Keime bei Entzündungsreaktionen vorgelegt. Seit 1999 ist Suttorp Direktor der Medizinischen Klinik mit dem Schwerpunkt Infektiologie an der Charité,- Universitätsmedizin Berlin. dem Universitätsklinikum der Humboldt-Universität zu Berlin und leitet den einzigen C4- Lehrstuhl Infektiologie in Deutschland. Er erhielt den E.K. Frey- Preis der Deutschen Gesellschaft für Intensivmedizin (1990) und eine Hermann und Lilly-Stiftungsprofessur des Stifterverbandes für die Deutsche Wissenschaft (1993-1998). Im Jahr 2000 wählte die Deutsche Akademie der Naturforscher Leopoldina Norbert Suttorp zum Mitglied (Sektion Innere Medizin und Dermatologie).

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Caroline Wichmann

Leiterin der Abteilung Presse- und Öffentlichkeitsarbeit

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