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Pressemitteilung | Samstag, 29. April 2000

Presseinformation 5/2000

Öffentliche naturwissenschaftliche Vorträge der Deutschen Akademie der Naturforscher Leopoldina zu den Themenkreisen Entstehungsgeschichte des Menschen und Neue Wege zur Diagnose und Therapie von Tumorerkrankungen

  • Termin: Dienstag, 20. Juni 2000, 16.30 Uhr
  • Ort: Vortragsgebäude der Akademie Leopoldina, Emil-Abderhalden-Straße 36, 06108 Halle (S.)
  • Zu den Beiträgen:

Prof. Dr. Bernd Herrmann, Göttingen: "Zwischen Molekularbiologie und Mikrohistorie. Die neuen Wege der historischen Anthropologie"

Ausgrabungen historischer Gräberfelder bringen Skelettreste zum Vorschein, denen Fachleute oftmals ungeahnte Geheimnisse entlocken können. Skelette sind eine historische Quelle, bei deren Auswertung die Naturwissenschaften und die Geisteswissenschaften eng zusammenarbeiten müssen. Bernd Herrmann plädiert daher für die Aufhebung der Trennung dieser beiden Disziplinen in der heutigen historischen Anthropologie, die nach seiner Meinung transdisziplinär ausgerichtet sein muss. Er wird in seinem Vortrag erläutern, dass dank modernster Analyseverfahren selbst die Erbsubstanz von Personen, die vor Jahrhunderten verstorben sind, noch ausgewertet werden kann. Damit gelang es zum Beispiel, die Verwandtschaftsbeziehungen einer Fürstenfamilie des Mittelalters zu untersuchen. Dabei wurde auch deutlich, dass einige Dynastiemitglieder nicht von ihren offiziellen Vätern abstammen, eine Tatsache, die diesen Vätern vermutlich nicht bekannt war. Ein anderes Beispiel im Beitrag von Bernd Herrmann werden die Untersuchungen an einer Grabstätte Harzer Bergmänner aus dem 17. und 18. Jahrhundert sein. Er wird darstellen, dass es sich bei den Bergleuten, entgegen der ursprünglichen Annahme, um einheimische Kräfte und nicht – wie durchaus auch damals schon üblich – um auswärtige Spezialisten handelte. Herrmanns Untersuchungsmethoden sind über sein eigenes Fachgebiet hinaus von erheblichem Interesse für die Rechts- und Gerichtsmedizin.

Prof. Dr. Wolfram H. Knapp, Hannover: "Magische Kugeln: Faktum oder Fiktion? – Gegenwart und Zukunft der Nuklearmedizin"

Ein Wunschtraum vieler Ärzte und Tumor-Patienten könnte bald Wirklichkeit werden: Neueste Forschungsergebnisse aus dem Labor von Wolfram Knapp zeigen, dass es in absehbarer Zeit möglich sein wird, Wirkstoffe an Vehikel ("Magische Kugeln") zu binden, die den Körper des erkrankten Patienten durchstreifen, gezielt an Andock-Stellen ("Rezeptoren") tumorös entarteter Zellen binden und diese selektiv abtöten. Wichtig wird diese nuklearmedizinische Methode vor allem für die Behandlung kleiner Metastasen sein, die sich vom Prímärtumor abgesiedelt haben. Da die Behandlung der meisten Primärtumore heute gut gelingt, sind es zumeist die Mikrometastasen, die sich ungünstig auf die Überlebenszeit der Patienten auswirken. Knapp wird in seinem Beitrag darstellen, wodurch diese revolutionierende, weil besonders schonende Methode möglich werden wird. Hintergrund ist, dass zunehmend tumorspezifische Veränderungen der Zelloberflächen entdeckt werden, gegen die ganz gezielt Abwehrstoffe entwickelt werden können. Knapp wird aufzeigen, welche ersten klinisch-experimentellen Therapien mit dieser neuen Methode bereits durchgeführt werden.

  • Zu den Referenten:

Dr. Bernd Herrmann ist Biologe mit Schwerpunkt Anthropologie. Er ist Mitglied der Leopoldina, zahlreicher Fachgesellschaften, Mitherausgeber verschiedenster Zeitschriften und international gutachterlich tätig. Seine wissenschaftlichen Schwerpunkte liegen darin, sich aus den Überresten des Menschen vergangener Zeiten (Skelette, Mumien) deren Biologie und Lebensweise zu erschließen. Seinen Pionierarbeiten ist es zu verdanken, dass wir heute verlässliche Hinweise über die Umweltbelastungen und Ernährungsweisen unserer Vorfahren haben.

Dr. Wolfram Knapp ist Mediziner, Mitglied der Leopoldina, zahlreicher Fachgesellschaften und tätig in vielfältigen Gutachtergruppen. Seine wissenschaftlichen Schwerpunkte sind die Entwicklung nuklearmedizinischer Methoden zur Darstellung von Tumoren und zur Untersuchung des Herzmuskels. Seine Arbeit als Nuklearmediziner trägt dazu bei, Krebs- und Herzkreislauf-erkrankungen eindeutiger als bisher diagnostizieren und behandeln zu können.

  • Zur Publikation der Vorträge:

Die Kurzbeiträge beider Vorträge werden im Jahrbuch 2000 der Deutschen Akademie der Naturforscher Leopoldina veröffentlicht.

Zur Akademie Leopoldina:

Die Deutsche Akademie der Naturforscher Leopoldina (gegründet 1652 in Schweinfurt) mit Sitz in Halle (seit 1878) ist eine überregionale Gelehrtengesellschaft mit gemeinnützigen Aufgaben und Zielen. Sie ist die älteste naturwissenschaftliche Akademie in Deutschland. Sie trägt durch die Jahresversammlungen, fachspezifische Meetings und Symposien, monatliche Vortragssitzungen und die vielfältigen persönlichen Kontakte der Mitglieder "zum Wohle des Menschen und der Natur" bei. Ihr gehören derzeit 965 Mitglieder in aller Welt an. Zwei Drittel der Mitglieder kommen aus den Stammländern Deutschland, Schweiz und Österreich, ein Drittel aus weiteren ca. 30 Ländern. Zu Mitgliedern werden Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler aus naturwissenschaftlichen und medizinischen Disziplinen gewählt, die sich durch bedeutende Leistungen ausgezeichnet haben.

Die Leopoldina wird von einem ehrenamtlichen Präsidium geleitet. Präsident der Leopoldina ist seit 1990 der Biologe Prof. Dr. Benno Parthier. Vizepräsidenten sind derzeit der Psychologe Prof. Dr. Paul Baltes, Berlin, der Chemiker Prof. Dr. Gunter Fischer, Halle, der Virologe Prof. Dr. Volker ter Meulen, Würzburg, und der Chemiker Prof. Dr. Ernst-Ludwig Winnacker, München. Letzterer ist zugleich Präsident der Deutschen Forschungsgemeinschaft in Bonn. Die laufenden Geschäfte der Leopoldina führt eine Generalsekretärin, die Neurobiologin Dr. Jutta Schnitzer-Ungefug.

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