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Pressemitteilung | Donnerstag, 21. Juni 2007

Bakterielle Resistenzen: eine weltweite Bedrohung – Akademie Leopoldina fordert umfassende Maßnahmen

Die Zahl von Mikroorganismen, die resistent gegenüber Antibiotika sind, hat in den vergangenen Jahren auf der ganzen Welt erheblich zugenommen. Bakterielle Resistenzen haben sich damit zu einem großen Problem entwickelt.

Der European Academies Science Advisory Council (EASAC), ein Zusammenschluss der nationalen Wissenschaftsakademien der Mitgliedsländer der Europäischen Union (EU), dem die Deutsche Akademie der Naturforscher Leopoldina angehört, stellt heute seine Empfehlungen vor, die helfen sollen, der Entwicklung weiterer resistenter Bakterien-Stämme entgegen zu wirken.

In den Empfehlungen werden die Verantwortlichen in Politik, Gesellschaft und Wissenschaft aufgefordert, (1) den Einsatz von Antibiotika umsichtig und vorausschauend zu gestalten, (2) der Bevölkerung die Problematik der Resistenzen nahe zu bringen, (3) das Problem des Auftretens von Resistenzen europaweit koordiniert anzugehen, (4) die Forschung auf diesem Gebiet zu verstärken, um besser zu verstehen, wie Resistenzen überhaupt erst zustande kommen, (5) weitere Forschungsanstrengungen zur Aufdeckung neuer Zielstrukturen zu unternehmen, die der Entwicklung neuer Antibiotika dienen und neue Therapiemöglichkeiten eröffnen sollen.

Seit der Entdeckung des Penicillins vor 80 Jahren haben Antibiotika die Lebenserwartung der Menschen entscheidend verbessert. Trotzdem hat sich die Hoffnung, Infektionskrankheiten seien damit bereits besiegt, als zu optimistisch erwiesen. Durch den breiten Einsatz von Antibiotika in Krankenhäusern, die zum Teil unsachgemäße Verschreibung durch niedergelassene Ärzte, aber auch durch die Möglichkeit des unkontrollierten freien Verkaufs von Antibiotika in zahlreichen Ländern kommt es immer häufiger zum Auftreten von resistenten Mikroben, wodurch diese Antibiotika unwirksam werden. Dies bedeutet, dass Krankheiten, die noch vor kurzem gut behandelbar waren, zunehmend eine tödliche Bedrohung darstellen. Schätzungsweise 175.000 Menschen sterben in Europa jährlich an bakteriellen Infektionskrankheiten, viele dieser Todesfälle sind auf antibakterielle Resistenzen zurückzuführen.

Eine Arbeitsgruppe des European Academies Science Advisory Council (EASAC), dem die Wissenschaftsakademien der EU-Mitgliedsstaaten angehören, hat nun unter dem Vorsitz von Professor Dr. Volker ter Meulen, dem Präsidenten der Deutschen Akademie der Naturforscher Leopoldina, in einem umfassenden Bericht mit dem Titel „Tackling antibacterial resistance in Europe“ Strategien zur Eindämmung dieser Gefahr vorgestellt.

Volker ter Meulen, der seit Juni 2007 für drei Jahre auch Vorsitzender von EASAC ist, sagte dazu: „Die Zahl resistenter Mikroben wächst ständig und wird zu einem weltweiten Problem. Die politisch Verantwortlichen der EU unterstützen aber bisher die Entwicklung neuer Antibiotika nicht in dem Maße, wie es notwendig wäre, und sie fördern auch nicht den notwendigen Informationsaustausch innerhalb der EU-Mitgliedsstaaten. Es ist notwendig, sehr schnell das Bewusstsein für die Problematik der Resistenzen in der Bevölkerung und auch bei den verschreibenden Ärzten zu schärfen. Antibiotika sollten nur kontrolliert eingesetzt, der freie Zugang sollte verhindert werden. Diese Maßnahmen müssen innerhalb der EU-Mitgliedsländer koordiniert werden, um maximale Erfolge zu erzielen.“

Langfristig sind neue Initiativen in Forschung und Industrie gefragt. Schnelltests zur Unterscheidung von bakteriellen und viralen Infektionen werden benötigt, Erreger müssen zuverlässig und schnell identifiziert werden. Durch verstärkte Grundlagenforschung soll es möglich sein, die Mechanismen der Entstehung von Resistenzen zu verstehen und neue Zielstrukturen für Antibiotika zu entdecken. Dabei ist es wichtig, dass die öffentliche Hand die Forschung in der Biotechnologie und der pharmazeutischen Industrie unterstützt, denn die Entwicklung neuer Antibiotika ist langwierig und kostspielig.
Bei den heute publizierten Empfehlungen handelt es sich bereits um den dritten EASAC-Bericht zum Komplex der Infektionskrankheiten. 

Downloads

Report „Tackling antibacterial resistance in Europe“

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Julia Klabuhn

Kommissarische Leiterin der Abteilung Presse- und Öffentlichkeitsarbeit

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