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The New (Old) Genetics (2020)

Bd. 2020.1

New experimental support for long standing concepts of polygenic genetics implies that the Mendelian genetic paradigm needs to be revised

Diethard Tautz ML, R. Guy Reeves und Luisa F. Pallares

Herausgegeben von Alfred Wittinghofer, Herbert Jäckle

(2020, 16 Seiten, 5 Abbildungen, Version 1.0 , ISSN: 2699-8955)

Wenn man an Genetik denkt, kommt einem als Erstes Mendel in den Sinn. Mendels Gesetze werden schon früh in der Schule gelehrt, und für viele Schulabgänger bleiben sie der einzige Kontakt mit der Genetik. Gelbe und grüne Erbsen werden verwendet, um zu zeigen, wie Merkmale vererbt werden, wie Vermischung und Aufspaltung einzelner Merkmale auftreten können. Doch obwohl ein solches kategoriales Denken die Entwicklung der modernen Molekulargenetik beflügelt hat, spiegelt es nicht die Tatsache wider, dass weder die Körperformen und Verhaltensformen, noch deren Vererbung mit diesen Begriffen beschrieben werden können. Stattdessen gelten für die meisten sichtbaren und messbaren Ausprägungen von Organismen die Regeln der quantitativen Genetik.

Die Prinzipien der quantitativen Genetik wurden von einem Zeitgenossen von Mendel – Francis Galton – ausgearbeitet. In der quantitativen Genetik gibt es keine kategorialen Unterscheidungen, sondern nur kontinuierliche Verteilungen, wie z. B. die Körpergröße. Mit den Werkzeugen der Genomik ist es nun möglich, für jedes einzelne Gen im Genom zu bestimmen, welchen Anteil es an einem kontinuierlichen Merkmal hat. Einige Genetiker gehen heute sogar davon aus, dass letztlich alle Gene in einem Genom in unterschiedlichen Anteilen zu jedem Merkmal beitragen, das sogenannte „omnigenic model“.

Während die quantitative Genetik lehrt, dass es keine genetischen Kategorien gibt, ist unser Denken immer noch hauptsächlich von Kategorien geprägt. Wir verstehen z. B. gut, wie die Kategorien „männlich“ und „weiblich“ durch die Verteilung der X- und Y-Chromosomen nach den Mendelschen Regeln bestimmt werden. In der quantitativen Genetik gibt es jedoch nicht mehr nur die Kategorie männlich oder weiblich, sondern Verteilungen und Überschneidungen von Merkmalen. Hätten unsere Schulen schon immer quantitative Genetik gelehrt, hätte dies viele Missverständnisse der Genetik und Vererbung vermeiden können.

doi.org/10.34714/leopoldina_nal-live_0001_01000

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