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Pressemitteilung | Donnerstag, 30. März 2023

Leopoldina ehrt Franz-Ulrich Hartl mit der Schleiden-Medaille für seinen Beitrag zum Verständnis der zellulären Proteinfaltung

Die Nationale Akademie der Wissenschaften Leopoldina zeichnet Franz-Ulrich Hartl mit der Schleiden-Medaille aus. Der Biochemiker erhält die Ehrung für seine Arbeiten zur Aufklärung der Funktion der molekularen Chaperone, einer Klasse von Proteinen (Eiweißen), die anderen Proteinen dabei helfen, sich korrekt zu falten. Weil falsch gefaltete Proteine auch Ursache neurodegenerativer Krankheiten sind, tragen Hartls Erkenntnisse dazu bei, dass die Entstehung von Krankheiten wie Parkinson oder Alzheimer-Demenz besser verstanden wird. Die Auszeichnung wird Hartl am Mittwoch, 19. April in Halle (Saale) verliehen.

Prof. Dr. Franz-Ulrich Hartl  (Jahrgang 1957) ist Biochemiker. Er konnte nachweisen, dass an der Faltung von Proteinen im Körper bestimmte „Helfermoleküle“ (Chaperone) beteiligt sind. Proteine erfüllen in der Zelle viele Aufgaben, jedoch nur, wenn sie sich zu einer komplexen dreidimensionalen Struktur gefaltet haben. Passieren bei der Faltung Fehler, kann dies zu neurodegenerativen Krankheiten wie Parkinson oder Alzheimer-Demenz führen. Hartl hat herausgefunden, dass die Zelle „Helfermoleküle“ einsetzt, die Fehler bei der Faltung vermeiden sollen. Diese molekularen Chaperone interagieren mit ungefalteten oder fehlgefalteten Proteinen und unterstützen deren richtige Faltung. Seine Arbeiten haben wesentlich zur Aufklärung der Mechanismen der Proteinfaltung in der Zelle beigetragen.

Die Chaperone werden oft auch Hitzeschockproteine genannt, da sie verstärkt unter Stress und Fieber gebildet werden – Bedingungen, die verstärkt zur Fehlfaltung von Proteinen führen. Mit seinem Team hat Hartl besonders zur Aufklärung der Funktion und Struktur von Hitzeschockproteinen der Hsp70 und Hsp60 Familien beigetragen, die in praktisch allen Zellen essenziell sind. Auch ein in der Augenlinse vorkommendes Protein gehört zu den Chaperonen. Es sorgt dafür, dass das Proteingemisch in der Linse klar und lichtdurchlässig bleibt. Versagt der Mechanismus, trübt sich die Linse und es kommt zum Grauen Star. Die Fehlfaltung spielt generell eine entscheidende Rolle beim Altern und der Entstehung altersbedingter Krankheiten. Hartl will herausfinden, warum die Aktivität der Chaperone im Alter abnimmt und wie sie wieder erhöht werden könnte. Mit seiner Forschungsgruppe untersucht Hartl auch den Einfluss der Chaperone bei neurodegenerativen Krankheiten wie Chorea Huntington und Morbus Parkinson. Seine Ergebnisse liefern Einblicke in Krankheitsmechanismen, bieten Chancen für neue Therapien und sind wichtig für die biotechnologische Herstellung von Proteinen.

Franz-Ulrich Hartl hat in Heidelberg Medizin studiert und sich dort bereits im Rahmen seiner Promotion mit der Biochemie von Proteinen beschäftigt. 1990 habilitierte er sich an der Ludwig-Maximilians-Universität in München. Im Anschluss an seine Tätigkeit als Associate Investigator am Howard Hughes Medical Institute in den USA wurde er als Direktor am Max-Planck-Institut für Biochemie in Martinsried berufen. Hartl ist seit dem Jahr 2002 Mitglied der Nationalen Akademie der Wissenschaften Leopoldina. Für seine Forschungsergebnisse wurde er mehrfach ausgezeichnet, unter anderem 2002 mit dem Gottfried Wilhelm Leibniz-Preis, 2009 mit der Otto-Warburg-Medaille und 2011 mit dem Lasker Award. 2022 erhielt er einen European Research Council (ERC) Advanced Grant.
Die Schleiden-Medaille ist nach dem Akademie-Mitglied Matthias Jacob Schleiden (1804–1881) benannt. Der Botaniker ist Mitbegründer der Zelltheorie. Die Medaille wird seit 1955 von der Leopoldina für hervorragende Erkenntnisse auf dem Gebiet der Zellbiologie vergeben.

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Über die Nationale Akademie der Wissenschaften Leopoldina
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